Doomsday, ganz demokratisch

■ Die Reihe Apokalypse im Film in der St. Johanniskirche und im Abaton

Vor gut 2000 Jahren galt die Aktion „Apokalypse“ noch als eine inner-religiöse Angelegenheit. Und wer jemals beim Stöbern im Neuen Testament bis zur Prophezeiung des Evangelisten Johannes vorgedrungen ist, weiß um den christlichen Blick auf den letzten aller Tage, dem des Jüngsten Gerichts: Zuerst wird das Diesseits vernichtet, dann das Böse gebannt und schließlich die menschliche Spreu vom Weizen getrennt: Die Guten gelangen in ein himmlisches Jerusalem, die Übeltäter aber, welche das Tier anbeten, sollen „gepeinigt werden mit Feuer und Schwefel vor den heiligen Engeln und vor dem Lamme“. Daß sich in der Spanne von Johannes bis zur anstehenden Jahrtausendwende vieles weg von der sakralen hin zu einer eher profanen Sichtweise verschoben hat, hat die Grundmuster des Apokalyptischen eher erweitert als obsolet gemacht.

Der Doomsday ist demokratisiert, er gehört allen. „Erst der Untergang der alten Welt schafft die Voraussetzung für Neues.“ So umreißen die Programmacher den dramatischen Rohbau des dritten Film-Wochenendes „Apokalypse im Film“ in der St. Johannis-Kirche in Winterhude samt anschließender Filmreihe im Abaton. Der Spielfilm erfüllt hier die Funktion des Kultur-Seismographen. Und der Untergang, besonders in seiner trivialisierten Form, droht im großangelegten Kinowerk an vielen Fronten: So kämpft Wesley Snipes in seinem jüngsten Vampir-Reißer Blade gegen den blutarmen Feind aus dem Sarg. Bruce Willis hält in Armageddon gegen die Bedrohung von oben dagegen. Mann gegen Fels, so lautet seine Rettungsformel. Diffiziler ist da Ingmar Bergmans Das siebente Siegel von 1956. Darin fordert der Kreuzritter Antonius vom Tod, ihm den Sinn des Lebens zu deuten. Eine finale Schachpartie soll das Geheimnis lüften. Dem ist auch Robin Williams auf der Spur. Klüger wird der leidgeprüfte Kinderarzt in Vincent Wards Himmelsstück Hinter dem Horizont aber erst im Jenseits, wenn für die meisten schon alles vorbei scheint.

Fatalistischer rast Scorseses Stadt-und-Schmerz-Tragödie Taxi Driver ihrem Ende zu, in der Robert De Niros Darstellung des amoklaufenden Vietnam-Veteranen Travis viel von göttlicher Vergeltungssucht in sich trägt. Einen Hauch von Sonntags-Matinee umweht die Uralt-Vorstellungen von Friedrich-Wilhelm Murnaus Grauenssymphonie Nosferatu und Kriemhilds Rache von Fritz Lang. Beide Stummfilm-Klassiker erfahren durch das Jazz-Ensemble Testreihe zum einen und das Orgel-und-Saxophon-Duo Claus Bantzer und Leszek Zadlov zum anderen eine neue musikalische Interpretation. Als wäre es ein Gottesdienst.

Oliver Rohlf

St. Johanniskirche: Fr, 29. bis So, 31. Januar. Abaton: Do, 4. Februar bis So, 7. März. Ein ausführliches Programm liegt an der Kinokasse aus. Infos und Vorbestellungen unter Tel.: 41 32 03 20