Umweltministerium überarbeitet Atomgesetznovelle

■ Der Gesetzentwurf soll jetzt Anfang März von der Bundesregierung beschlossen werden

Hannover/Bonn (taz) – Die heiß umkämpfte Atomgesetznovelle wird von Bundesumweltminister Jürgen Trittin ein weiteres Mal überarbeitet. An die Stelle des generellen Verbots der Wiederaufarbeitung zum Jahresende soll nun eine Regelung ohne Datum treten, bei der das Ende der Wiederaufarbeitung für jedes einzelne Atomkraftwerk auf dem Verordnungswege bestimmt werden kann. Das Bundeskabinett habe dem Bundesumweltministerium einen entsprechenden Arbeitsauftrag erteilt, sagte Trittins Sprecher, Michael Schroeren, gestern gegenüber der taz. Außerdem habe das Kabinett dem Bundesumweltminister ausdrücklich bestätigt, hinsichtlich der von ihm vorgelegten Atomgesetznovelle in „völliger Übereinstimmung“ mit allen Verabredungen und „nach vorheriger Rücksprache mit dem Bundeskanzleramt“ gehandelt zu haben. Außerdem sei das Kabinett der Auffassung, daß Trittins abermals gestoppter Gesetzesvorschlag in völliger Übereinstimmung mit der Koalitionsvereinbarung formuliert worden sei, sagte der Ministeriumssprecher.

Nach Angaben von Schroeren soll der überarbeitete Gesetzentwurf nun im März im Bundeskabinett behandelt werden. Wie lange die AKW-Betreiber nach diesem Entwurf noch wiederaufarbeiten dürfen, konnte Schroeren gestern noch nicht sagen. Dies hänge bei jedem einzelnen Atomkraftwerk von der Verfügbarkeit eines standortnahen Zwischenlagers und von den Restlaufzeiten ab, über die in der nächsten Energiekonsensrunde verhandelt werden solle, sagte Schroeren.

Der Sprecher der deutschen AKW-Betreiber, Manfred Timm, begrüßte unterdessen das Ergebnis des ersten Konsensgesprächs als „Sieg der Vernunft“. Die Aktien der großen Energieunternehmen legten an den Börsen deutlich zu. Eine mögliche Gesamtbetriebsdauer für Atomkraftwerke von 40 Jahren bewertete Timm „schon als ein konsensuales Zugeständnis“. Auf konkrete Restlaufzeiten wollte sich Timm nicht festlegen. Sicherlich würden aber die ältesten Anlagen zuerst stillgelegt. Fünf bis sechs Jahre werde es allein noch dauern, bis die Wiederaufarbeitung von Atommüll gestoppt werden könne.

Grünen-Vorstandssprecherin Antje Radcke hat den Verzicht der Bundesregierung auf feste Fristen für ein Ende der atomaren Wiederaufarbeitung als Niederlage für ihre Partei bezeichnet. „Deshalb wird es aber jetzt kein Donnerwetter in der Koalition geben“, sagte Radcke am Mittwoch. Die Atomrechtsnovelle sei nicht vom Tisch. Notwendig sei es, in dem Entwurf ein Ende der atomaren Wiederaufarbeitung gesetzlich festzuschreiben.

Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Kerstin Müller, sagte, nun müsse in den nächsten Konsensgesprächen so schnell wie möglich festgelegt werden, „wann welches AKW abgeschaltet wird“. Müller nannte es „hochproblematisch“, daß die Wiederaufarbeitung nun nicht zum Januar 2000 verboten werde: „Das heißt, das Ende der Plutoniumwirtschaft wird jetzt zunächst mal vertagt.“ Unter dieser Voraussetzung werde es kaum möglich sein, die Zustimmung der Bevölkerung für weitere Transporte zu gewinnen. Die von Timm genannte AKW-Gesamtlaufzeit von rund 40 Jahren wies Müller als „nicht akzeptabel“ zurück. Jürgen Voges