Lords of the Boards

■ Am Wochenende finden in Steinach in Österreich die Hamburger Skimeisterschaften statt. In allen Varianten

Hamburger Skimeisterschaften, das hört sich ebenso abwegig an wie Bayerische Hochseeregatta. Ist es aber nicht, denn in der Hansestadt gibt es geschätzt 180.000 aktive SkifahrerInnen. Von denen sind immerhin 3400 im Verband Hamburger Skivereine (VHSV) organisiert. Da liegt es nahe, daß auch die Nordlichter ihre Skichampions ausfahren.

Wie in jedem Jahr lädt deshalb der VHSV zusammen mit dem Landesskiverband Bremen im letzten Januar-Wochenende nach Steinach in Österreich zu seinen Landesmeisterschaften. Aus der nur scheinbaren Schneeschuh-Dia-spora Hamburg werden am 30. und 31. Januar in Tirol Teilnehmer aus den 24 Skiklubs und Skiabteilungen der Stadt erwartet. Deren Liste reicht vom Branchenriesen Ski- und Freizeit-Club Harburg mit etwa 700 SchneesportlerInnen bis hin zum Gehörlosen Sportclub „Wikinger“ mit 6 Pistencracks.

Etwa 150 SportlerInnen verschiedener Altersklassen kämpfen um die Pokale im Riesenslalom und Slalom sowie um die Norddeutsche Carving-Meisterschaft. Bei dieser Gelegenheit treffen die Vertreter der klassischen Stilrichtungen des Skisports und die „more trendy“-Athleten aufeinander. Doch ob Boarder, Carver, Skwaler oder Klassiker, das Motto heißt: „Alle Bretter willkommen“. Denn bei den Hanseaten gibt es keine wintersportinternen Animositäten, wie sie andernorts zwischen Skifahrern und Snowboardern zu beobachten sind.

Mit dem 58jährigen Germut Bielitz (siehe Interview rechts oben) ist seit Herbst 1998 ein Einbrettfahrer Präsident des Landesverbands. Der Bankkaufmann und Jurist, seit 1952 auf Skiern und bereits seit 1988 auf dem Snowboard unterwegs, hat sich die spartenübergreifende Integration im Wintersport zum Ziel gesetzt. Bei der Veranstaltung am Wochenende ist er wohl auf Skiern am Start, für den Fall der Fälle hat er aber „alle Sportgeräte im Gepäck“.

Nicht an den Landesmeisterschaften teilnehmen kann sein Stiefsohn und der derzeit erfolgreichste Hamburger Schnee-Athlet Jan Michaelis. Der 20jährige Halfpipe-Snowboarder, der inzwischen in München und damit etwas näher an der Schneegrenze lebt, konnte sich zuletzt mit einem 11. Platz beim Weltcup in Grindelwald auszeichnen. Seitdem ist der Jurastudent im ersten Semester auch zur Teilnahme an den großen Wettbewerben wie den Weltmeisterschaften berechtigt.

Michaelis startet für die International Snowboard Federation (ISF), die eigentlichen Pioniere und nach eigener Auffassung immer noch einzig wahren Vertreter des Brettsports. Bei der ISF-WM, die zur Zeit in Val di Sole stattfindet, erreichte der Hamburger im 1. Lauf einen hervorragenden 10. Platz, konnte sich aber nicht für das Finale qualifizieren, weil er im zweiten Lauf Nerven zeigte und ausschied.

Michaelis, der sein Abitur am Buckhorn-Gymnasium in Volksdorf machte, ist inzwischen eine feste Größe im Team des Snowboardpapstes Jack Burton, einem der Begründer der Einbrett-Bewegung. Die nächsten Rennen bestreitet der Snowboard-Aufsteiger Ende Februar in Japan und Ende März in den USA. Der Erfolg verwundert nicht, bei der familiären Vorbelastung: Schließlich brachte Bielitz ihm schon von klein auf die dollsten Snowboard-Tricks bei.

Patrick Brandenburg