Das Tempodrom packt die Zelte ein

■ Tempodrom und Land schließen Vergleich. Berlin verzichtet auf Räumung. Die Kulturstätte muß am 7. Februar den Betrieb einstellen und erhält sechs Millionen Mark Entschädigung. Noch kein Stellplatz bis zur

Das alte Tempodrom ist tot – es lebe das neue Tempodrom! Die alternative Kulturstätte im Tiergarten hat sich im Rechtsstreit mit dem Berliner Senat auf einen Vergleich geeinigt. Somit wird es keine Räumung der Zelte nahe der Baustelle für das Kanzleramt geben. Zwar muß Berlins bekannteste alternative Kulturstätte laut Vergleich ihren jetzigen Platz im Tiergarten bis Ende April vollständig räumen. Sie erhält dafür jedoch vom Senat der Hauptstadt sechs Millionen Mark Entschädigung.

Mit diesem Geld sei zugleich der Bau eines neuen Tempodroms gesichert, erklärte Irene Moessinger, die Gründerin und Chefin der Kulturinstitution. Ursprünglich hatte das Tempodrom acht Millionen Mark Entschädigung für den Umzug gefordert – und das, obwohl das Tempodrom seinen jetzigen Standort lediglich in kostenloser Pacht nutzt. Der Senat hatte lediglich vier Millionen angeboten.

Der überraschende Kompromiß kam gestern, am Tag der Verhandlung über die Räumungsklage der Stadtverwaltung gegen das Tempodrom, in den Gängen des Landgerichts an der Tegeler Straße in Charlottenburg zustande. Mitarbeiter und Unterstützer des Tempodroms, einige von ihnen mit Gallierhelm, blonden Zöpfen und Plastik-Hellebarden, warteten eine Stunde auf den Anwalt der Behördenseite, um mit ihm vor dem Gerichtssaal letzte Einzelheiten des Vergleichs zu besprechen. Innerhalb von zehn Minuten einigten sich die Parteien, vor dem Gericht wurden letzte Formulierungen des Kompromisses diskutiert und der Vergleich schließlich zu den Akten gegeben.

Demnach verpflichtet sich das Tempodrom, den Spielbetrieb im Tiergarten am 7. Februar endgültig einzustellen; bis Ende März müssen die beiden Zelte und wesentliche Teile des Grundstücks geräumt sein. Spätestens Ende April soll dem Land dann das ganze Grundstück übergeben werden.

„Sofern die Gesamtfinanzierung des Projektes gesichert ist“, so heißt es im Text des Vergleichs, erhält das Tempodrom dann sechs Millionen Mark für den Bau eines neuen Tempodroms auf dem Gelände des Anhalter Bahnhofs in Kreuzberg. Der Neubau soll etwa 32 Millionen Mark kosten, 22 hätten sie nun schon zusammen, erklärte Irene Moessinger.

Die Tempodrom-Chefin zeigte sich zwar erfreut, daß der Rechtsstreit mit der Stadt beendet und die angedrohte Räumung der Kulturstätte vom Tisch ist. Zugleich kritisierte sie jedoch die Verhandlungstaktik des Senats, der erst am Vortag seine Kompromißbereitschaft signalisiert habe. Außerdem sei das Land nicht bereit gewesen, dem Tempodrom noch eine weitere Spielzeit in diesem Sommer auf dem jetzigen Gelände zu erlauben. Damit kämen auf ihre 30 Mitarbeiter hohe Einkommensverluste zu.

Außerdem, so hob Irene Moessinger hervor, müsse man sich nun in aller Eile nach einem Platz für ein Übergangszelt sowie Lagerkapazitäten für das Material der Kulturstätte umschauen. „Die Bedingungen sind die Härte für uns“, sagte die Tempodrom-Chefin. Die Kulturverwaltung habe zugesichert, bei der Suche nach einem Platz für das provisorische Zelt bis zur Fertigstellung des Neubaus Ende 2001 zu helfen. Die Kulturverwaltung begrüßte den Kompromiß. Am 6. Februar soll die Bühne im Tiergarten zum letzten Mal leuchten. Philipp Gessler