Senatoren stellen Monica vor die Kamera

Im Impeachment-Verfahren gegen Präsident Clinton entscheidet sich der US-Senat mit seiner republikanischen Mehrheit gegen eine Verfahrenseinstellung und für drei Zeugenvernehmungen – auf Video  ■ Aus Washington Peter Tautfest

„Sie müssen diesen Zeugen in die Augen sehen können,“ war in den Tagen vor der Abstimmung vom Mittwoch das Mantra der Republikaner im US-Senat. „Möchten Sie nicht von Frau Lewinsky hören und ihr dabei in die Augen sehen?“ fragte der Abgeordnete und Ankläger Ed Bryant aus Tennessee. Die Demokraten wollten das eigentlich lieber nicht. Dann lehnte der Senat mit der Mehrheit von 56 Stimmen – darunter nur ein Demokrat – den Antrag auf Einstellung des Impeachment-Verfahrens gegen Präsident Bill Clinton ab und stimmte der Vernehmung von Zeugen zu.

Auf drei hatten die Ankläger ihre Liste von ursprünglich 13 Zeugen gekürzt, um die Senatoren nicht mit der Dauer des Verfahrens zu ängstigen. Außer der schönen Monica sollen der Anwalt Vernon Jordan sowie Clintons Berater Sidney Blumenthal vernommen werden, und zwar jeweils nur sechs Stunden lang. Vernommen werden sie zunächst nur von den Anklägern und auch nur vor einer Videokamera. Erst wenn diese Aufzeichnungen die Senatoren so richtig neugierig machen sollten, würde über ein Kreuzverhör im Senat noch mal extra abgestimmt werden.

Die Ankläger versprachen den Senatoren, nicht in die Details der Sexualpraktiken von Präsident und Praktikantin zu gehen, sondern sie nur nach dem Verbleib der Geschenke des Präsidenten zu befragen sowie nach dessen Hilfe bei ihrer Jobsuche.

Dazu soll auch Vernon Jordan aussagen, der seinem Freund Clinton versprochen hatte, Monica einen Job zu besorgen, damit sie – so behauptet die Anklage – schweigt. Sidney Blumenthal, enger Berater des Präsidenten, soll über seine Kontakte zur Presse Auskunft geben. Er wird verdächtigt, das Lancieren verleumderischer Histörchen über Monica Lewinskys bisheriges Sexualleben vorbereitet zu haben, sollte sie über ihr Verhältnis mit dem Präsidenten öffentlich plaudern – ein schwerer Vorwurf, den der Abgeordnete Lindsey Graham gegen Clinton erhoben hat: Clinton sei bereit gewesen, Lewinsky als schamlose Schlampe darzustellen, die sich an den Präsidenten herangemacht habe und sich jetzt für ihre Zurückweisung durch eine Skandalgeschichte rächen wolle.

Was das Verhör der drei erbringen soll, ist unerfindlich. Alle drei wären eigentlich eher Zeugen der Verteidigung als der Anklage, denn sie sind Freunde, Berater und bisher jedenfalls bemerkenswert loyale Anhänger des Präsidenten. Unklar ist vor allem, welche Strategie die republikanische Senatsmehrheit überhaupt verfolgt. Während vordergründig immer lauter von Verfassung und Wahrheit die Rede ist, wird hinter den Kulissen nach einer „Exit-Strategie“ gesucht, um das Verfahren zu beenden, bevor es alle versengt, die darin verstrickt sind.

Aus Rücksicht auf die Parteibasis haben sich die republikanischen Senatoren zu diesem Schritt zwar noch nicht entschließen können, aber es besteht bereits innerparteilicher Schaden, und so bedürfte es zunächst einer versöhnlichen Geste der Republikaner im Senat gegenüber ihren Parteifreunden aus dem Repräsentantenhaus.

Dessen Ankläger hatten sich in dieser Woche bitterlich über die herablassende Haltung des „Oberhauses“ gegenüber dem eher proletarischen „Unterhaus“ beklagt.

Zugleich mußte dem staunenden Publikum, das Anfang dieser Woche schon auf den Vorhang gehofft hatte, ein Ende der zum Passionsspiel ausgeweiteten Impeachment-Posse in Aussicht gestellt werden. Die Vernehmungen könnten schon Ende dieser Woche abgeschlossen, das ganze Verfahren Mitte Februar zu Ende sein, heißt es. Mögliche Schlußszenarien sehen die Trennung von Verurteilung und Strafzumessung vor.

Clinton könnte also schuldig gesprochen, gleichwohl nicht gefeuert werden. Denn eines machte die Abstimmung vom Mittwoch deutlich: Die Republikaner kriegen keine Zweidrittelmehrheit zur Absetzung Clintons zusammen – eher droht sich deren Front aufzulösen. Das an unverhofften Wendungen reiche Drama kann noch manche Überraschung bringen. Fortsetzung folgt. Kommentar Seite 1