Kongos „Mann der Stunde“ hat sich eingerichtet

■ Laurent-Désiré Kabila kombiniert erfolgreich maoistische Slogans mit skrupellosem Geschäftssinn

In der düsteren Welt der Konflikte und Geschäfte Zentralafrikas ist Laurent-Désiré Kabila zweifellos die schillerndste Figur. Bürgerkriegs-Warlord in den Kongowirren der 60er Jahre, kleiner Guerillaführer im Zaire der 70er und 80er Jahre, privater Geschäftsmann in den ostafrikanischen Umbrüchen der späten 80er und frühen 90er Jahre und dann, wie ein Phönix aus der Asche, plötzlich Präsident seines Landes — niemand sonst in der Region hat eine solche Biographie.

Kabila hat sich instrumentalisieren lassen und selber kräftig instrumentalisiert. Weitab von den politischen Konflikten in Zaire unter der Mobutu-Diktatur 1965-97 suchte er sich Freunde in fremden Ländern. Die 1967 von ihm gegründete „Partei der Volksrevolution“ (PRP) war mehr Untergrundmafia als Oppositionskraft. Ihr Erbe war dennoch wertvoll, als im Herbst 1996 Ruanda und Uganda Kabila mit drei anderen Grüppchenführern zusammenbrachten und die „Allianz Demokratischer Kräfte zur Befreiung von Kongo/Zaire“ (AFDL) entstand, die in nur sieben Monaten das Land eroberte und das Mobutu-Regime stürzte.

Seit der Machtergreifung am 17. Mai 1997 hat Kabila im Laufe der Zeit das Land immer stärker seiner eigenen Person untergeordnet, auch um den Preis des Herausdrängens fast aller seiner einstigen Weggefährten. Als seine Feinde zu viele wurden und ihn im August 1998 mit Putsch und Blitzkrieg vernichten wollten, schaffte Kabila mühelos, was in den blutigsten Stellvertreterkriegen des Ost- West-Konflikts im Afrika der 80er Jahre niemandem gelungen war: die Helden der afrikanischen Befreiungskämpfe und ihre Länder, von Namibia bis Libyen, auseinanderzudivieren und aufeinanderzuhetzen.

Heute kontrolliert Kabila nur noch die Hälfte seines Landes. Seine deklarierten wirtschaftlichen und politischen Projekte sind gescheitert, sein Handeln ist rein taktisch – und trotzdem bleibt er an der Macht. Andere Präsidenten, politisch korrekt, predigen Demokratie, ökonomische Reformen und politische Öffnung – Kabila bleibt bei seiner bewährten Kombination von maoistischen Slogans, skrupellosem Geschäftssinn und unbedingtem Überlebenswillen. L'homme qu'il fallait läßt er sich in der offiziellen Propaganda nennen, frei übersetzt: der Mann der Stunde. Es brauchte wohl wirklich Kabila, um zu unterstreichen, in was für einem desolaten Zustand ein Jahrhundert belgische Kolonialherrschaft und einheimische Diktatur das Land hinterlassen haben. Dominic Johnson