Das letzte Aufbäumen des kranken jordanischen Königs

■ Mit der Ernennung seines Sohnes zum Thronnachfolger meldet sich Hussein noch mal zurück

Kairo (taz) – In vielen jordanischen Büros, öffentlichen Gebäuden und so manchem Privathaus dürfte diese Woche Hektik ausgebrochen sein. Vermutlich Tausende von Bildern des ehemaligen Thronfolgers Hassan Seite an Seite mit dem Konterfei von König Hussein mußten schnell ausgetauscht werden. Mancher hatte mit etwas Glück auch schon den neu erwählten und ältesten Sohn Husseins, Kronprinz Abdallah, zur Hand.

Die Jordanier lieben Seifenopern rund um das haschemitische Königshaus und die Nachfolge des krebskranken Königs erweist sich immer wieder als unterhaltsames Tischgespräch. Gemunkelt wurde schon länger, daß der König lieber einen seiner Söhne anstelle seines Bruders Hassan als Nachfolger sehe. Als Hassan vor 34 Jahren zum Kronprinzen ernannt wurde, hatte der König wenig Alternativen. Sein ältester Sohn Abdallah war gerade einmal drei Jahre alt.

Der durch seine Krebskrankheit geschwächte König hatte sich in den letzten sechs Monaten in den USA einer Chemotherapie unterzogen. In dieser Zeit, so scheint es, hat sein Bruder Hassan im heimatlichen Palast den Bogen überspannt. Zu selbstgefällig sei sein Regierungsstil, wenigstens nach Husseins Geschmack. Hassan dagegen war sich wohl sicher, daß der König nach Jordanien nicht lebend zurückkehren würde.

Besonders übel nahm der todkranke Monarch seinem Bruder, daß dieser den für seine besondere Loyalität zu Hussein bekannten Armeestabschef Abdul Merie Kaabneh gefeuert hatte. Offensichtlich ließ sich Hassan auch schon etwas zu sehr auf den Titelseiten der jordanischen Tageszeitungen als zukünftiger Herrscher feiern. Was vielleicht sein größter Fehler war: Mit ihm zusammen tauchte immer öfter sein 19jähriger Sohn Raschid auf Bildern auf. Offensichtlich ließ König Hussein das Gefühl nicht los, daß seine eigenen Söhne bei späteren Thronfolgen leer ausgegangen wären.

Hassans Zukunft ist jetzt ungewiß. Immerhin seit mehr als drei Jahrzehnten auserwählter Thronfolger, hat der Ex-Königskandidat inzwischen beachtlichen Einfluß, den er einsetzen könnte, um sich den Plänen seines Bruders zu widersetzen. Viele seiner Schützlinge dürften sich aber gerade fieberhaft nach einem neuen Protegé umsehen. Offiziell hat Hassan nach dem Rausschmiß seine unbedingte Loyalität zu seinem Bruder betont. Möglicherweise denkt er auch daran, das Land zu verlassen.

Die meisten Jordanier waren gerade dabei, die Palastrevolte zu verdauen, als sie erneut die Sorge um ihren gegenwärtigen Herrscher ereilte. Der hatte es in einer schnellen Zeremonie am Flughafen geschafft, seinen Sohn in Amt und Würden des Thronfolgers einzuführen, als er auch ihm schon sämtliche Regierungsgeschäfte übertragen mußte. Mit schlechten Blutwerten und Fieber machte sich der König wieder auf den Weg ins amerikanische Krankenhaus.

Die opernhaft anmutenden Szenen dieser Woche mögen ein letztes Aufbäumen des Königs gewesen sein, die Zukunft seines Landes und seiner Familie zu regeln. Die Ärzte bezeichnen Husseins Zustand inzwischen zwar als stabil. Den Monarchen erwartet aber angeblich noch eine Knochenmarktransplantation. Jetzt bezweifelt kaum noch jemand, daß demnächst auch die Bilder Husseins in allen öffentlichen Gebäuden abgehängt werden. Das eine oder andere ist schon vergilbt, hängt es doch schon fast ein halbes Jahrhundert an der Stelle über dem Schreibtisch, die für den König reserviert ist. Karim El-Gawhary