■ Bonn apart
: Menschen in Bonn

Es menschelt. Lauschen wir diesem Ausdruck ein wenig nach. Er hört sich an, als wenn gehäckseltes Menschenfleisch auf die Erde niederregnet. Nein? Aber ist es nicht so, daß dieser Ausdruck ziemlich blöde ist, weil wir Menschen uns natürlich wie Menschen benehmen? Von Tieren heißt es ja auch nicht: Es tierelt. Sei's drum.

Am Mittwoch menschelte es im Bundestag. Aber dazu später. Dagegen menschelte es am Dienstag, als Schröder in der Atomfrage die Grünen über den Tisch zog, erst mal nicht. Das war schließlich große Politik. Aber später menschelte es dann doch, als Trittin in der Pressekonferenz die Fotografen anblaffte, weil sie ihm zu nah auf die Pelle rückten. Der Minister hatte seine Gefühle nicht im Griff. Fraglich ist dagegen, ob es auch am Donnerstag menschelte, als Lafontaine bei der Haushaltsdebatte fehlte, aber dann – bei der Abstimmung darüber, ob er in den Bundestag zitiert werden soll – plötzlich auf der Bildfläche erschien und mitstimmte. Wahrscheinlich hat sich der Finanzminister aber nur ungehörig benommen.

Dafür hat es aber, wie gesagt, am Mittwoch gemenschelt. Da ging es in der Fragestunde des Bundestages einmal nicht um die Schicksalsfragen der Nation, sondern darum, was der CSU- Abgeordnete Peter Ramsauer wie folgt ausdrückte: „Billigt die Bundesregierung das Inkasso der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema), insbesondere der Bezirksdirektion München, für Musik anläßlich von Hochzeitsfeiern?“ Gemenschelt gesprochen: Müssen Leute auf ihrer Hochzeitsfete an die Gema blechen? Der Berichterstatter der Regierung, Eckhart Pick, erwiderte: „Die Wiedergabe von Musikwerken Dritter durch Aufführungen oder mit Hilfe von Tonträgern ist generell nur erlaubnis- bzw. vergütungspflichtig, wenn sie öffentlich erfolgt. Eine Gruppe von Zuhörern ist jedoch nicht öffentlich im Sinne des Urheberrechts, wenn der Personenkreis abgegrenzt ist.“ Später zitierte er ein österreichisches Verfassungsgerichtsurteil, in dem es heißt: „Eine Hochzeitsfeier dient typischerweise ideellen Zwecken.“

Menschelte es da? Nein. Aber die darauffolgende Heiterkeit war schon mal ein gutes Zeichen. Später fragte der CSU- Abgeordnete Ernst Hinsken, ob das alles nur für die erste Hochzeit gelte oder auch dann, wenn ein Bundestagsabgeordneter zum fünften Mal heirate. Da lachten und klatschten sie bei allen Parteien. So loben wir uns das Menscheln. Markus Franz