Kurdenpartei wieder vor Verbot

■ Die prokurdische Partei Hadep erwartet in der Türkei das gleiche Schicksal wie ihre Vorgänger Hep und Dep: Sie soll als angebliche Tarnorganisation der illegalen PKK verboten werden

Istanbul (taz) – Der prokurdischen Demokratische Volkspartei (Hadep) droht in der Türkei das Verbot. Gestern hat der türkische Generalstaatsanwalt Vural Savas am türkischen Verfassungsgericht die Eröffnung eines Verbotsverfahrens gegen die Hadep beantragt. Savas wirft der Hadep vor, eine Tarnorganisation der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein, die vollständig unter der Kontrolle des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan stehe. Das Gericht wird in der kommenden Woche über die Eröffnung des Verfahrens entscheiden.

Auch wenn das Verfahren unmittelbar danach beginnt, ist ein Verbot der Hadep aus verfahrenstechnischen Gründen bis zu den bevorstehenden Wahlen am 18. April kaum möglich. Ein Anwalt der Hadep erklärte denn auch, die Partei werde sich durch das bevorstehende Verfahren von der Teilnahme an den Wahlen nicht abhalten lassen, allerdings solle den Wählern mit dem Prozeß signalisiert werden, nicht für Hadep zu stimmen.

Hadep ist die dritte prokurdische Partei, die in den 90er Jahren gegründet wurde. Ihre beiden Vorgängerorganisationen Hep und Dep wurden 1993 beziehungsweise 1994 verboten. Allen drei Parteien wurde jeweils vorgeworfen, sie seien lediglich Frontorganisationen der verbotenen PKK.

Die Hadep wurde im Mai 1994 als Nachfolgeorganisation der Dep gegründet, während das Verbotsverfahren gegen die Dep noch lief. Bei den Wahlen 1995 erreichte die Hadep landesweit 4,5 Prozent, allerdings konnte sie in vielen Städten und Wahlkreisen im überwiegend kurdisch besiedelten Südosten bis zu 50 Prozent der Wähler gewinnen.

Im Moment laufen bei Hadep die Vorbereitungen auf die April- Wahlen. Die Partei ist stark geschwächt, weil fast der komplette Vorstand in U-Haft sitzt. Parteichef Murat Bozlak und mehr als 200 weitere Funktionäre wurden im Dezember wegen des Vorwurfs der PKK-Unterstützung verhaftet, weil sie in den Räumen der Hadep Solidaritätsveranstaltungen für PKK-Chef Öcalan veranstaltet hatten, der damals in Rom verhaftet worden war.

Obwohl die verantwortlichen Parteikader darauf spekuliert hatten, bei den bevorstehenden Wahlen nicht behindert zu werden, hat die Partei eine Auffangorganisation vorbereitet, mit der erneut eine Partei aufgebaut werden soll, falls Hadep wirklich verboten wird.

Für die bevorstehenden Wahlen ist es allerdings zu spät, unter neuem Namen anzutreten. Die Registrierungszeit ist abgelaufen, auf den Wahlzetteln wird Hadep stehen. Jürgen Gottschlich