Verflossene Wüste

■ Rabih Abou-Khalil mit folklorefreien orientalischen Blues-Bögen in der Fabrik

Eine Ode an das schwarze Loch oder an die als altes Haustier vorgestellte Sphinx: Rabih Abou-Khalil präsentierte am Sonntag in der Fabrik trotz aller Improvisationen eher kammermusikalisch gesetzte Kompositionen einer Klangwelt, die mit Weltmusik oder arabischem Jazz gleichermaßen unscharf beschrieben wäre. Der in München lebende Libanese spielt die Oud, ein arabisches Instrument, aus dessen Namen samt Artikel – Al-oud – unser Wort „Laute“ entstand.

Scheinen auch die dunkel-warmen Töne dieser Krummhals-Laute im Solo die Glut eines verflossenen Wüstentages auszustrahlen, handelt es sich doch keineswegs um Folklore. Rabih Abou-Khalil hat in Beirut und München arabische und europäische Musik studiert, und das Ergebnis ist eine zeitgenössische E-Musik mit Jazz-Elementen. In unterschiedlichen, ungewöhnlichnen Besetzungen werden verschlungen ornamentierte Bögen über einem 10/16tel Takt gebaut, unterstützt von vier Musikern: Michel Godard aus Paris spielt Tuba und Serpent, sein Landsmann Vincent Courtois ein Cello, dessen Klangbreite von sanftem Fließen zu scharfem Scratchen reicht. Der Schlagzeuger Mark Nauseff aus New York trommelte schon für Velvet Underground, und Nabil Khaiat aus Damaskus ergänzt mit großen Rahmentrommeln den orientalischen Takt.

Ein eher gesetztes Publikum war dankbar für diesen komplex verschlungenen Blues, der bis hin zu seinen leisen Stellen die Magie hat, zum Träumen zu zwingen. Rabih Abou-Khalils neueste Kompositionen werden mit Kinobildern belegt: Sie bilden die Musik zum Film Yara des Regisseurs Yilmaz Arslan und erklingen dort u.a. zu Kindheitserinnerungen aus einem türkischen Frauen-Irrenhaus. josch