Der homosexuelle Mann ... Von Elmar Kraushaar

... ist eingebogen in die Zielgerade. Es winkt eine Medaille? Ein Pokal? Gar eine Urkunde? Unterzeichnet und gestempelt vom Standesamt? Die rot-grüne Koalition hat „ja“ gesagt und will noch in diesem Jahr die „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ schaffen, ein konfuses Rechtsgebilde für Lesben und Schwule, in dem all jene Lebensangelegenheiten gebündelt werden, von denen verklemmte Sozialdemokraten und tolerante Grüne meinen, daß sie zu einem vollkommenen Homo-Glück gehören. Natürlich nicht mit einer Ehe vergleichbar – die SPD läßt keine Gelegenheit aus, uns damit zu besänftigen –, auch keine „Ehe light“. Das kommende Konstrukt ist nur ein schaler Kompromiß aller Beteiligten.

Aber die heterosexuellen Medien jubeln schon jetzt: Eine „historische Reform“, befindet die taz, gar ein „Projekt der Moderne“, meint der Spiegel. Und die gute alte Tante Zeit, die sich bisher kaum einen Deut um Lesben oder Schwule gekümmert hat, läßt alle Vorsicht fahren und widmet gar ihr Dossier der Homo-Ehe: „Lauwarmer Aufbruch“.

Die tonangebende Reportage läßt ahnen, was in den nächsten Monaten auf die Gemeinde zukommt. Forschern gleich wird die Medienmeute schwule Haushalte durchkämmen, um Schrankwände zu entdecken und Bodenvasen, Einbauküchen und Joghurtmaschinen: Ganz wie bei uns zu Haus, soll das Fazit lauten. Na ja, nicht ganz, aber fast. Denn natürlich muß die Öffentlichkeit erfahren, ob Lesben und Schwule „das zweite große gesellschaftspolitische Reformprojekt nach der doppelten Staatsbürgerschaft“ überhaupt wert sind.

Die Zeit-Reporter sind zuversichtlich, „Schrankregal“ und „Jogginganzug“ haben sie auf ihrer Expedition schon entdeckt, statt „Kampflesben“ nur „bequeme Pullover“ und „Hausschuhe“, und eine Lesben-Tochter, die spielt – da läßt es sich doch aufatmen – „Vater, Mutter, Kind“. Die öffentlichen Homo-Bilder der letzten 20 Jahre – auf die schrille CSD-Tunte folgten der promiske Lederkerl und der sterbende Aidskranke – werden abgelöst durch das Paar, so durchschnittlich, so banal, so heterosexuell wie möglich.

Vom „Tod einer Illusion“ sprechen die Zeit-Autoren folgerichtig, „nämlich, daß Homosexualität etwas Besonderes sei“. Dem blanken Zynismus wird noch eine Dummheit draufgesetzt: „Wenn Schwule und Lesben sich vor dem Standesbeamten das Jawort geben dürfen, geht die Gay Community wohl endgültig in der Normalität auf.“ – Schätzchen, selbst wenn der eine oder andere Homo den Weg zum Standesamt findet, so wird euer Wunsch doch nicht in Erfüllung gehen, die Homosexuellen werden nicht verschwinden und nicht die Homosexualität.

„Homosexuelle Lebensgemeinschaften haben mit der vom Grundgesetz geschützten Institution der Ehe nichts zu tun“, sagt Justizministerin Däubler-Gmelin. Patsch! „Man nennt den Stuhl auch nicht Tisch!“ sekundiert die SPD-Abgeordnete Margot von Renesse. Patsch! Jeder Satz ein Schlag ins Gesicht. Von welcher Normalität ist hier eigentlich die Rede? Die alte Ordnung bleibt unangetastet, und die Schmuddelkinder bleiben nicht mehr außen vor und werden – Vielleicht! Mal sehen! Nur nichts überstürzen! – am Katzentisch plaziert?