Im Jemen stehen Islamisten vor Gericht

In einem Prozeß in Aden sind ausländische Staatsbürger des Terrorismus angeklagt. Nach Angaben der Behörden lebt ihr Chef in Großbritannien. Auch eine Gruppe von „Afghanen“ sitzt jetzt hinter Gittern  ■ Von Karim El-Gawhary

Kairo (taz) – Der Fall, der derzeit vor einem Gericht im südjemenitischen Aden verhandelt wird, könnte bizarrer kaum sein. Fünf Briten und ein Franzose stehen in dem arabischen Land vor Gericht, unter der Anklage, Operationen im Namen militanter Islamisten geplant zu haben.

Die fünf Ausländer arabischer Herkunft seien Teil eines terroristischen Komplottes, durch den die Stabilität des Jemen unterminiert werden sollte, heißt es in der Anklageschrift. Angeblich wollten sie zwischen Weihnachten und Neujahr Attentate auf das britische Konsulat in Aden, auf einen Nachtclub, ein Fünf-Sterne-Hotel und eine Kirche ausführen. Die sechs Männer waren am 24. Dezember festgenommen worden, nachdem die Polizei zwei Hotelzimmer und eine Villa durchsucht und ein Auto mit den Angeklagten angehalten hatte. Nach Angaben der Polizei fand sich bei den Angeklagten jede Menge Sprengstoff, mehrere Panzerminen, Uniformen und Masken.

Als der Prozeß letzten Mittwoch begann, kam es teilweise zu chaotischen Szenen. Die Angeklagten verkündeten lauthals, daß die von ihnen bereits gemachten Geständnisse mit Hilfe von Folter und sexueller Mißhandlung erpreßt worden seien. Auch deren aus Großbritannien angereisten Verwandten leugneten jegliche Verwicklung der Angeklagten in irgendeine Art von terroristischen Aktivitäten.

Glaubt man den jemenitischen Behörden, dann wurden die sechs Männer von Abu Hamza, einem in London lebenden radikalen islamistischen Prediger, auf eine Terrormission in den Jemen geschickt. Das von Abu Hamza in London geleitete „Büro der Unterstützer des Islamischen Rechts“ soll die Flugtickets finanziert und die Spesen bezahlt haben.

Im Jemen angekommen, sollen sie von Abul Hassan, dem Chef der „Islamischen Armee Adens“, ausgerüstet worden sein. Vor zwei Jahren gegründet, gehören der Gruppe viele sogenannte „Afghanistan-Rückkehrer“ verschiedener arabischer Nationalitäten an. Mit dem Ende des vom US-Geheimdienst CIA unterstützten Kampfes gegen die „sowjetischen Ungläubigen“ in Afghanistan fand so mancher von ihnen in den unzugänglichen jemenitischen Bergen Unterschlupf. Im Mai letzten Jahres kam die Gruppe mit ihren ersten öffentlichen Erklärungen heraus. Seither äußert sie sich zu Ereignissen im Jemen und internationalen Fragen. Als die USA als Reaktion auf Anschläge auf ihre Botschaften in Afrika im Sommer Stützpunkte des militanten Islamisten-Chefs Ussama Bin Laden in Afghanistan und eine Fabrik im Sudan bombardierte, erklärte die „Islamische Armee Adens“ ihre Unterstützung für Ussama Bin Laden und die „sudanesischen Brüder“ und rief alle Jemeniten zum heiligen Krieg gegen Amerika auf.

Das letzte Mal geriet die Organisation im Dezember in die Schlagzeilen, als sie eine Gruppe von 16 meist britischen Touristen entführt hatte. Vier der Touristen kamen später bei einer mißlungenen Befreiungsaktion um. Mit der Entführung wollte die Gruppe einen ihrer Führer freipressen und gegen die britisch-amerikanischen Luftangriffe im Irak protestieren.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt widmeten Polizei und Militär der militanten Organisation ein besonderes Augenmerk, zumal die Islamisten die Regierung in Sanaa zu „Ungläubigen“ erklärt hatte. Für die Ergreifung des Gruppenchefs Abul Hassan wurde ein Kopfgeld ausgesetzt. Nach Razzien in der Hochburg der Gruppe, in der südjemenitischen Provinz Abyan, wurde Abul Hassan festgenommen. Er muß sich jetzt seinerseits vor Gericht verantworten.

Bei diesen Razzien stießen die Behörden vermeintlich auf viele Informationen über Querverbindungen zwischen der „Islamischen Armee Adens“ und in Großbritannien lebenden Islamisten. In Folge wurden in einer Bergregion östlich der Hauptstadt Sanaa letzten Mittwoch drei weitere Briten und ein Franzose algerischen Ursprungs festgenommen. Unter ihnen soll sich auch Kamil Hamza, der 17jährige Sohn des vermeintlichen Londoner Auftraggeber Abu Hamza, befinden. Möglicherweise wird diese Gruppe in den bereits laufenden Prozeß mit den anderen Ausländern integriert.

Derzeit wird dieser Prozeß immer wieder vertagt, da die Verteidigung mehr Zeit für die Vorbereitung fordert. Den jemenitischen Medien wurde ein Maulkorb verpaßt. Der zuständige Richter hat einer Forderung der Staatsanwaltschaft stattgegeben, nach der jemenitische Journalisten vorläufig nicht mehr über den Prozeß berichten dürfen.