Die Grünen wollen ein Stück Osten zurückgewinnen

■ Ein Strategiepapier schlägt vor, die Wahlkämpfe im Osten zum Bundesprojekt zu machen

Dresden (taz) – „Wir haben uns jetzt am Erfolg des letzten Wahlkampfes genug gesonnt“, sagte Hubertus Graß gestern in Dresden. Sogleich stocherte der sächsische Landesgeschäftsführer der Bündnisgrünen mit dem Finger in der Wunde: „Mit unserem Magdeburger Parteitag im vergangenen Jahr tragen wir alle ein Stück Verantwortung dafür, daß die Grünen dort den Wiedereinzug in den Landtag nicht schafften.“ Seitdem sind Ostdeutschlands Landtage grünenfrei.

Damit sich das in diesem Jahr ändert – in Berlin, Thüringen, Brandenburg und Sachsen wird ein neues Landesparlament gewählt – beriet in Dresden gestern die sogenannte Südschiene der Partei. In diesem Gremium treffen sich regelmäßig die Landesvorstände und Fraktionsvertreter von Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg. Ergebnis des Strategietreffens: ein Positionspapier mit Forderungen an die Bundespartei. Die Wahlkämpfe in Thüringen und Sachsen – also dort, wo die Chancen auf Wiedereinzug am größten sind – müssen ein bundespolitisches Projekt werden.

Für die Südschiene heißt das, den Wahlkampfetat der Länder zu verbessern, Präsenz der Parteipromis nicht erst in der heißen Wahlkampfphase zu zeigen, bundespolitisch klarzumachen, was den Grünen der Osten wert ist.

Doch auch untereinander wollen die drei Länder im sächsischen Wahlkampf eng zusammenarbeiten. Weil der in die Sommerferien fällt, schlägt die Südschiene beispielsweise vor, „Wahlkampfferien“ zu machen. „Man lernt sich und die Probleme vor Ort kennen, diskutiert Strategien, plant gemeinsam Veranstaltungen“, so Graß. Zu verlängerten Wochenenden sollen die Westgrünen in den Osten reisen, um Plakate zu kleben oder an Infoständen zu stehen.

Graß glaubt, daß „in keinem anderen Land die Zeichen so sehr auf Wechsel stehen wie in Sachsen“. Nach neunjähriger CDU-Alleinherrschaft mußte die CDU bei der Bundestagswahl mit 15,3 Prozent bundesweit die höchsten Stimmenverluste hinnehmen. Die Grünen konnten hingegen leicht zulegen, vereinten 4,4 Prozent der Stimmen auf sich. Um die Wiedereinzug zu schaffen, hat die aus dem sächsischen Flöha stammende Bundessprecherin Gunda Röstel angekündigt, als Spitzenkandidatin antreten zu wollen.

Auf einem Parteitag im April werden die Listen aufgestellt, das Votum für Röstel gilt als sicher. Sollten die Bündnisgrünen den Einzug in Sachsens Landesparlament schaffen, müßte sich die Bundespartei dann wegen der Trennung von Amt und Mandat nach einem neuen Sprecher umsehen. Nick Reimer