Vor dem Atomausstieg nun schon Streit um den Wiedereinstieg

■ Grüne kritisieren Wirtschaftsminister, weil er neue AKW für denkbar hält. Belgien überlegt Atomausstieg

Berlin (taz/dpa/AFP) – In ferner Zukunft ist ein Wiedereinstieg in die Atomkraft „denkbar“ – das sagte gestern nicht etwa ein Vertreter der Kernkraftlobby, sondern der für Energiepolitik zuständige parteilose Wirtschaftsminister Werner Müller. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye präzisierte zwar später, das sei eine „hypothetische Frage“. Doch da war das Kind schon in den Brunnen gefallen.

Die Grünen griffen den Minister für dessen Äußerung im Handelsblatt an. Damit sei Müller „nicht auf der Höhe der Zeit“, sagten die Parteisprecherinnen Gunda Röstel und Antje Radcke. Ihre Partei werde dafür sorgen, daß der Ausstieg aus der Atomenergie unumkehrbar werde, wie dies der Koalitionsvertrag vorsehe. Michaele Hustedt, die Energiesprecherin der grünen Bundestagsfraktion, sagte im NDR, die ältesten Meiler Stade, Obrigheim und Biblis A sollten „innerhalb der Legislaturperiode und nach Beendigung der Konsensgespräche“ stillgelegt werden. Auch SPD-Chef Oskar Lafontaine bekräftigte den Willen der Regierung zum Atomausstieg, legte sich aber nicht auf einen Zeitplan für die Abschaltung der ersten AKW fest.

Nach Deutschland läßt auch die belgische Regierung untersuchen, welche Rolle die Atomkraft künftig im Lande spielen soll – angesichts des hohen Alters der belgischen AKW. Das belgische Energieministerium setzte am Montag die 16köpfige „Kommission Ampère“ ein, die mögliche Alternativen zur Atomkraft ausloten soll. Belgien bezieht derzeit rund 60 Prozent des Stroms aus seinen beiden AKW. rem

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