Durchbruch für Tram und Straße

■ CDU-Verkehrssenator will Straßenbahn in der Leipziger Straße bauen, wenn die Französische Straße für den Autoverkehr verlängert wird. Grüne befürchten "leere Versprechungen"

Völlig überraschend hat Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) seinen Widerstand gegen eine Tram durch die Leipziger Straße aufgegeben. Hinter diesem Zugeständnis steckt allerdings nicht die Wandlung Klemanns zum Straßenbahnfreund. Vielmehr hofft er so doch noch die Zustimmung der SPD zur Verlängerung der Französischen Straße nach Westen zu erlangen. Auf SPD- Seite wurde dieses Ansinnen erst einmal positiv aufgenommen. Der Verkehrsexperte der Bündnisgrünen, Michael Cramer, sprach dagegen von einem „üblen Trick“.

Noch vor acht Wochen hatte sich Klemann durch Gutachter bestätigen lassen, daß eine oberirdische Bahn vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz den Autoverkehr zu stark beeinträchtige und zu langsam sei. Das entsprach Klemanns damaliger Meinung, nur eine unterirdische sogenannte Pre- Metro sei sinnvoll, obwohl sie dreimal so teuer gewesen wäre wie eine Tram. Nun attestiert Klemann einer Straßenbahn auf dieser Strecke „erhebliche Attraktivität“.

Es gibt sogar schon genaue Pläne der Verkehrsverwaltung: Zwischen Spittelmarkt und Charlottenstraße soll die Tram in der Mitte der Leipziger Straße ein eigenes Gleisbett erhalten, so daß weiter vier Spuren für den motorisierten Verkehr zur Verfügung stehen. Auf dem letzten Stück bis zum Potsdamer Platz sollen die Gleise direkt auf die Fahrbahn. Die Kosten werden wie bisher mit 101 Millionen Mark veranschlagt. 2002 soll die Strecke fertig sein. „Damit gewinnen wir mehr Urbanität“, sagte Klemann enthusiastisch.

Keine Frage ist für ihn jedoch, daß die Kapazitäten für den Autoverkehr nicht eingeschränkt werden dürfen, denn er sehe „die Straßenbahn nicht als Vehikel, um die Autos in den Stau zu stellen“. Deshalb will Klemann die parallel zur Leipziger Straße verlaufende Französische Straße bis zur Ebertstraße verlängern. Das hatte erst Mitte November das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD, Bündnisgrünen und PDS abgelehnt. Klemann berichtete jedoch, nach einem Gespräch in den vergangenen Tagen könne sich Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) das vorstellen. Dessen Verwaltung konnte das allerdings gestern nicht bestätigen. Der Senator ist in Urlaub.

Zustimmung fand die Idee aber bei SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller. Wenn die CDU bereit sei, eine Tram durch die Leipziger Straße zu bauen, sei das ein „verkehrspolitischer Durchbruch“. Das Angebot müßten sie sorgfältig prüfen. Stadtmüller hoffte, „daß die CDU von der Vorstellung Abschied genommen hat, die Tram sei ein Störenfried für den Autoverkehr“.

Wie so oft mache die SPD Zugeständnisse zu Fakten und lasse sich mit Versprechungen abspeisen, befürchtete hingegen Michael Cramer. Klemann lasse die Französische Straße verlängern und auf die Tram warte man vergebens, prophezeite er. Cramer erinnerte daran, daß die SPD dem Tiergartentunnel nur zugestimmt habe, weil die CDU im Gegenzug 350 Kilometer Busspur und Ampelvorrangschaltungen für Straßenbahnen versprochen hatte. Das sei jedoch nicht eingelöst worden. Jutta Wagemann