Drei schwarze Pullis vor Gericht

Darf Werbung der Bundesregierung glamourös sein? Weil die Anzeigen für den Doppelpaß nicht informativ genug seien, sieht die Opposition die Verfassung verletzt. Doch die Rechtslage ist weniger eindeutig  ■ Aus Karlsruhe Gudula Geuther

Ist Boris Becker Propaganda? Informiert Thomas Gottschalk, wenn er seine Meinung kundtut? Der Unwillen der Opposition über die Anzeigenkampagne der Bundesregierung zum Staatsbürgerschaftsrecht wirft die Frage auf: Ist diese Form der steuerfinanzierten Werbung für ein Gesetzesvorhaben zulässig? In schwarze Pullis gekleidet, hatten der Tennisspieler, der Showmaster sowie der Sänger Marius Müller-Westernhagen erklärt: „In vielen Ländern der Welt ist Einbürgerung selbstverständlich. Dort finden Menschen eine zweite Heimat, ohne die erste aufgeben zu müssen. Deshalb unterstützen wir die Bundesregierung bei der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts.“

Die Unionsfraktion will eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses, die FDP rügt Verstöße gegen das Grundgesetz. Einen Präzedenzfall sieht ihr Generalsekretär Guido Westerwelle in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 1977. Information sei erlaubt, befanden die Karlsruher Richter damals, Werbung – genauer: Wahlwerbung – dagegen dürfe nicht aus dem Bundespresseamt kommen. Als verfassungswidrig wurde damals eine Kampagne der sozialliberalen Regierung für insgesamt 10 Millionen Mark bewertet. Wenige Monate vor der Bundestagswahl hatte das Bundespresseamt nicht nur Anzeigen geschaltet, sondern auch Broschüren zur Politik der Regierung herausgegeben, die vor allem von SPD und FDP im Wahlkampf verteilt wurden.

Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye fühlt sich nach der Durchsicht des Urteils auf der sicheren Seite. Die Anzeigen seien eine „Informationsleistung“, die in dieser Art erlaubt sei. Allerdings dürfte es auch seinen Experten im Bundespresseamt teilweise schwergefallen sein, in der über 40seitigen BVerfG-Entscheidung festen Grund zu finden. Denn dazu, was genau verbotene Wahlwerbung ist, wollten sich auch die roten Roben 1977 nicht so genau festlegen. Klar ist: Das Bundespresseamt darf nicht mit Steuergeldern offensiv Parteipolitik betreiben. Klar ist aber auch, daß sich in der Arbeit des Regierungsamtes Werbung für die Politik der Regierungsparteien kaum vermeiden läßt. Karlsruhe versuchte deshalb, mit einer Aufzählung von verschiedenen Vielleicht-Kriterien das Problem einzukreisen.

Kritisch wird es vor allem, wenn der Umfang der Werbung massiv wird. Den 10 Millionen Mark von damals stehen bei dem Motiv der drei Stars Kosten von bisher 655.000 Mark gegenüber, 100.000 würden noch folgen, sagt Presseamts-Sprecher Wilhelm Frank.

Schwierig wird es auch, wenn man sich das Design der Anzeigen ansieht. Informativ sollte es sein, forderte Karlsruhe, nicht bunt und werbend. Nun sagen die drei Prominenten auch noch einige Sätze zur Staatsbürgerschaft. Ob damit Aufklärung vorliegt, bezweifelt selbst Frank. Er verweist ein wenig unglücklich auf die „heutige Informationsgesellschaft“. Längere Texte würde ohnehin niemand lesen. Es gebe aber einen Hinweis auf die Website der Bundesregierung, und das sei doch gerade die Voraussetzung von Information.

Die Karlsruher Bewertung ergibt sich „nur im Rahmen des Zusammenhangs“, anhand von „Zahl und Umfang solcher Maßnahmen“. Rechtliche Grenzen sind hier kaum überschritten.