Wer spricht für die Albaner?

Noch ist unklar, ob die UCK an den Friedensverhandlungen teilnehmen wird. Die Organisation will Unabhängigkeit von politischen Kräften bewahren  ■ Von Erich Rathfelder

Die Untergrundarmee der Kosovo-Albaner, UCK, lavierte lange. Dann hieß es gestern plötzlich: Die UCK wolle doch an der Friedenskonferenz mit Jugoslawien teilnehmen. Die Organisation werde Delegierte nach Frankreich schicken, sagte ein Sprecher des Oberkommandos der UCK.

Zuvor hatte das noch etwas anders geklungen. Adem Demaqi, Sprecher der UCK in Priština, sagte gestern eine Teilnahme von Mitgliedern der Organisation an der für den Samstag abgesetzten Friedenskonferenz in Paris ab. Bliebe es bei diesem Wort und setzte sich Demaqi durch, wäre die Abhaltung einer Friedenskonferenz über das Kosovo gefährdet. Denn ohne Teilnahme der UCK hätten ihre Beschlüssse wohl kaum einen Wert.

Doch offenbar ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Entscheidung sei noch nicht endgültig, schränkte Demaqi auf einer gestrigen Pressekonferenz in Priština selbst ein, ein endgültiger Beschluß werde am heutigen Mittwoch durch den Generalstab der UCK getroffen. Als einen „Ratschlag“ oder eine „Empfehlung“ Demaqis an den Generalstab wertete deshalb der Chefunterhändler der USA, Cristopher Hill, die Aussagen Demaqis. Der Generalstab der UCK wisse nur zu genau, daß die internationale Gemeinschaft einen „klugen Plan“ zur Befriedung der Sitution im Kosovo für eine Übergangszeit von drei Jahren erarbeitet habe.

Die Aussagen des exzentrischen kosovoalbanischen Politikers sollten entgegen den internationalen Wünschen nach einer erweiterten Autonomie lediglich noch einmal die kosovoalbanischen Forderung nach Unabhängigkeit in der Weltöffentlichkeit verdeutlichen, erklärten gestern kosovoalbanische Journalisten. Die UCK werde sich nicht mit einer politischen Lösung zufriedengeben, die auf ein Verbleiben des Kosovo in einem serbischen Staat hinauslaufe. Dies unterscheide die UCK zwar kaum von anderen politischen Kräften der Albaner. Auch Präsident Ibrahim Rugova habe von Beginn seiner Amtszeit im Jahre 1992 an immer wieder die Unabhängigkeit gefordert. Doch diese Verhandlungsposition „mußte jetzt erneut öffentlich unterstrichen werden“.

Im Hintergrund sind Auseinandersetzungen über den künftigen Status der UCK im Gange. Die aus dem Untergrund herausgetretene Organisation hat sich in den letzten Monaten immer mehr zu einer Volksarmee entwickelt, ist jedoch nicht an eine politische Führung gebunden. Der Generalstab möchte offenbar auch nach dem Einsatz von Nato-Truppen im Kosovo eine eigenständige und von den politischen Parteien unabhängige Rolle spielen.

Öffentlich wurde dieser Konflikt, nachdem die UCK in der vergangenen den Exilpremierminister Bujar Bukoshi ultimativ aufforderte, die Sondersteuern von drei Prozent, die von den Kosooalbanern im Exil aufgebracht und von Bukoshi verwaltet werden, der Militärorganisation zur Verfügung zu stellen. Wenn Bukoshi nicht bereit sei, dieses Geld bis zum kommenden Samstag an die UCK abzuführen, würden „geeignete Maßnahmen“ gegen ihn ergriffen werden, wurde von seiten der UCK gedroht. Nach dem in der UCK vorherrschenden kommunistischen Sprachgebrauch könnte diese Drohung lebensgefährlich sein.

Bukoshi hat sich bisher geweigert, der UCK nachzugeben. Der Haushalt seiner Regierung steht weiter für die Institutionen des Schattenstaates zur Verfügung. Es könne nicht angehen, daß Geld, das den Spendern gehöre, „ohne demokratische Legitimation einfach so an Vertreter der UCK übergeben würde“, erklärte Bukoshi gegenüber der taz. Vor zwei Wochen hatte Bukoshi die Bildung einer von allen politischen und militärischen Kräften der Kosovoalbaner getragenen Regierung sowie eine gemeinsame politische Plattform für kommende Verhandlungen gefordert.

Der Konflikt zwischen den Fraktionen der Kosovo-Albaner weise auf die Gefahr, die kosovoalbanische Verhandlungsdelegation könnte in Paris mit mehreren Zungen sprechen. Wäre dies der Fall, könnte sie durch die internationale Seite auseinanderdividiert und gegeneinander ausgespielt werden, befürchten unabhängige kosovoalbanische Intellektuelle.