Jakarta akzeptiert Rebellen

■ Indonesische Regierung zu Gesprächen mit Ost-Timors inhaftiertem Rebellenführer bereit

Bangkok (taz) – Der inhaftierte Rebellenführer Ost-Timors, Xanana Gusmao, soll an der Lösung des Konflikts um die von Indonesien annektierte Inselhälfte beteiligt werden. Wie Indonesiens Justizminister Muladi gestern sagte, darf Gusmao deshalb am Donnerstag kommender Woche Jakartas Cipinang-Gefängnis verlassen. Er wird in ein extra hergerichtetes und bewachtes Wohnhaus neben dem Gefängnis verlegt.

Gusmao gilt als Schlüsselfigur im Streit um Ost-Timor. 1992 war der Führer der Unabhängigkeitsbewegung Fretilin zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Unter Präsident Suharto noch streng isoliert, durfte er inzwischen zahlreiche Besucher empfangen. Gusmao fordert ein Referendum über Ost-Timors Zukunft und eine allmähliche Trennung von Indonesien.

Seit vergangener Woche haben sich die Spannungen in Ost-Timor verschärft. Überraschend hatte Indonesiens Regierung erklärt, sie werde die 1976 annektierte frühere portugiesische Kolonie vielleicht schon im Sommer in die Unabhängigkeit entlassen, falls die Bewohner eine Autonomie ablehnen. Seitdem kommt es in Ost-Timor immer wieder zu Scharmützeln zwischen Befürwortern und Gegnern der Unabhängigkeit. Tausende Dorfbewohner flüchteten vor proindonesischen Banden, während indonesische Lehrer in Scharen Ost-Timor verlassen. Indonesiens Armeechef Wiranto bestreitet, daß die Milizen vom Militär Waffen erhalten hätten. Aber in Ost-Timors Hauptstadt Dili waren jüngst Männer zu sehen, die drohend Gewehre zeigten. Viele Indonesier und Timoresen befürchten einen Bürgerkrieg, falls es zur abrupten Trennung kommen sollte. Eine Abordnung der von Jakarta eingesetzten Provinzregierung reiste inzwischen nach Jakarta, um sich gegen die Unabhängigkeit zu wehren.

Am Sonntag wollen Portugal und Indonesien in New York über einen Autonomieplan für Ost-Timor beraten, der unter UN- Schirmherrschaft vorbereitet wird. Die UNO hat die Annexion Ost- Timors nie anerkannt und sieht Portugal als rechtmäßige Vertretung der Region. Jutta Lietsch