Wirbel bei Greenpeace um den Chef

Geschäftsführer Walter Homolka hat ein Führungsproblem und steht nach allerhand Vorschußlorbeeren intern unter Beschuß. Der Aufsichtsrat tagt am Wochenende, wird aber noch keine Kündigung aussprechen  ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Soso, da fährt der oberste Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland also lieber Taxi statt Fahrrad und fliegt Kurzstrecke, anstatt mit der Bahn zu fahren – so jedenfalls wurden „Kritiker aus den eigenen Reihen“ in den letzten Tagen in der Presse zitiert. Das sind wirklich nicht die optimalen Fortbewegungsarten für den höchsten Repräsentanten der Hamburger Öko-Aktivisten. Auch wenn Walter Homolka seine Taxifahrten verteidigt, weil nicht nur er, sondern „auch die vielen Akten“ befördert werden müßten.

Über Taxifahrten und Flugreisen könnten viele Greenpeace- Kampagnenmacher hinwegsehen. Doch kommt für Homolka strafverschärfend hinzu, daß er intern nicht gerade beliebt ist. Manche finden ihn einfach unsympathisch, so ist aus der Hamburger Zentrale zu hören. Dabei war er Ende September 1997 mit einigen Vorschußlorbeeren gekürt worden. Ein 34jähriger mit mehreren Studienabschlüssen, Erfahrung in ethischen Aktienfonds, zuvoriger Leiter des Vorstandsstabes bei Bertelsmann Buch und liberaler Rabbiner in Niedersachsen war genau der Tausendsassa, der ein Wespennest wie Greenpeace Deutschland mit seinen 120 Mitarbeitern am Laufen halten könnte. Sein direkter Vorgänger Burkhard Gnärig und Nachfoger des bekannten Thilo Bode hatte den Job nach nur einem halben Jahr hingeschmissen, wegen der „zu hohen Belastungen als Hauptgeschäftsführer“.

Und Homolka trat denn auch die PR-Tour durch die Talk-Shows an. Doch erzählte er dort aus Sicht mancher Campaigner zuviel über sich und zuwenig über inhaltliche Ziele von Greenpeace. Die PR- Strategie der Organisation war bisher eher, den sogenannten Ersten Geschäftsführer selten und dafür pointiert für eine bestimmte Sache einzusetzen.

Wie verschnupft die Presseabteilung bei Greenpeace war, zeigt sich an einer internen Studie über die Medienwirksamkeit des Chefs. Sie bestätigte die Bedenken, kostete jedoch letzten Herbst den betreffenden Abteilungsleiter, Norbert Schnorbach, die Stellung: Er hatte das Papier schon einigen Leuten im Haus gezeigt, bevor er die Sache mit der Geschäftsführung besprochen hatte. Angesichts der mäßigen Beliebtheit des neuen Chefs mußte Schnorbach davon ausgehen, daß zumindest das Resümee der Studie an die Öffentlichkeit gelangen würde – ein Verstoß gegen die oberste Greenpeace-Regel, daß Kritik nur intern geäußert wird.

Daß es intern rumort, läßt sich auch am Rücktritt von Birgit Radow letzten Monat ablesen. Die ehemalige Pressefrau war die letzten Jahre eine von drei Geschäftsführerinnen und hielt den Laden mit am Laufen, wenn der Posten des ersten Geschäftsführers gerade vakant war.

Nun tagt am Wochenende regulär der neunköpfige Aufsichtsrat von Greenpeace. Offiziell steht das Thema Homolka nicht auf der Tagesordnung. Doch zumindest am Rande wird darüber geplaudert werden. Daß sich der gebürtige Bayer danach schon einen neuen Job suchen muß, ist nach dieser Sitzung aber nicht zu erwarten. Der Schaden für Greenpeace wäre derzeit noch größer als der Nutzen.