Analyse
: Operation Geduld

■ Richard Butler soll sich nicht mehr um Iraks Waffenarsenale kümmern

Der Butler hat seine Schuldigkeit getan, der Butler kann gehen. Der Chef der UN-Sonderkomission zur Abrüstung Iraks (Unscom) soll sich nicht mehr mit der Abrüstung der Truppen Saddam Husseins befassen. Darauf einigten sich die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates am Dienstag abend.

Butlers Absetzung erfolgte auf russischen Druck. Rußlands Außenminister forderte, Butler durch einen „höflicheren“ Menschen zu ersetzen. Doch wie soll eine „höfliche“ Abrüstung eines Regimes aussehen, das sein Waffenarsenal um jeden Preis behalten will?

Seit Gründung der Unscom 1991 ist es ein offenes Geheimnis, daß die dort arbeitenden Spezialisten (Ex-Militärs, Wissenschaftler, Agenten) ihr Wissen auch den eigenen Regierungen zur Verfügung stellen – auch die Russen. Butler hat eng mit der US-Regierung kooperiert. Sein letzter Bericht diente als Legitimation der Mission „Wüstenfuchs“ im Dezember. Jedoch wußte er, daß nur die USA und Großbritannien den Willen und die Möglichkeiten haben, die von Irak verweigerte Abrüstung militärisch durchzusetzen.

Butlers Absetzung ist das Eingeständnis, daß die Rüstungsinspektionen im Irak am Ende sind. Daran werden auch die am Samstag vom Sicherheitsrat beschlossenen drei Kommissionen zur Neubewertung des Verhältnisses zwischen UNO und Irak nichts ändern. Die Führung in Bagdad und die US-Regierung sind daran nicht interessiert. Beide setzen auf Eskalation. Beinahe täglich kracht es in Iraks Flugverbotszonen. Saddam Hussein verspricht für den Abschuß eines feindlichen Flugzeuges umgerechnet 21.000 Mark. Und die Feinde schießen freudig zurück.

Ihre Position ist gestärkt. Iraks Führung ist unter den arabischen Staaten isoliert wie seit dem Golfkrieg nicht mehr. Im Dezember forderte Ägyptens Präsident Husni Mubarak erstmals offen den Sturz Saddam Husseins. Eine Sitzung der Arabischen Liga Ende Februar endete mit einer Niederlage Iraks. Der Rat forderte nicht wie erwartet eine Lockerung der gegen Irak verhängten UN-Sanktionen, sondern verlangte von Iraks Führung, uneingeschränkt mit der UNO zu kooperieren. Ende Januar benannte US-Präsident Bill Clinton sieben irakische Oppositionsgruppen, die die USA mit 97 Millionen Dollar unterstützen: Das Spektrum reicht von ehemaligen Offizieren und Geheimdienstlern über Kurden bis zu vom Iran unterstützten Schiiten. Und mit jeder zerbombten irakischen Militärbasis und jedem dabei getöteten irakischen Soldaten dürfte der Unmut unter Iraks Offizieren über Saddam Husseins Politik steigen – und damit die Putschgefahr. Die Grundregel des zynischen Spiels heißt: Abwarten. Thomas Dreger