Eckiger Maulwurf bei Bergarbeiten

■ Peter May zeigt nach fünf Jahren noch einmal seine Solo-Adaption von Kafkas klaustrophobischer Erzählung Der Bau im Teater Imago

Karge Kulisse, knarrende Dielenbretter und genau acht Zuschauer – in bescheidenem äußerem Rahmen präsentierte am Donnerstag das Teater Imago seine jüngste und seit langem wieder erste Premiere. Der Bau nach einer Erzählung von Franz Kafka ist ein nicht abreißender Monolog. Peter May, Betreiber, Alleindarsteller und Regisseur des Imago in einer Person, bringt Kafkas Text nahezu unverändert, lediglich behutsam gekürzt, auf die Bühne.

Schmutzig-graue verwinkelte Wände, zwei Sandsäcke sowie die Andeutung einer alles verschließenden samtig-grünen Moosdecke markieren den „Bau“ ebenso naturalistisch wie zurückhaltend. Doch die stille Heimeligkeit, die Abgeschiedenheit eines Lochs in dunkler, tiefer Erde kommt nicht recht auf. Das liegt in allererster Linie an dem allzu laut knarrenden Dielenboden, den man sich so gar nicht in einem Erdloch vorstellen kann. Ein kleinlicher Einwand, zugegeben, doch es fällt nicht leicht, darüber hinwegzuhören in einem Stück, das seinen wesentlichen Reiz aus einer unterirdischen Atmosphäre zu schöpfen versucht.

Peter May dagegen kann man fehlende Glaubwürdigkeit nicht vorwerfen. Kompakt, im etwas zu kleinen grauen Arbeitsanzug, bewegt er sich eckig über die Bühne. Die Hände zu Schaufeln gewölbt, ist er eine Mischung aus Maulwurf und Bergarbeiter. Zwischen rastloser Furcht vor der Außenwelt und liebevollem Stolz auf den Bau gibt er den Vergrabenen, der weder Mensch noch Tier ist. Putzig läßt er sich auf den Sandsack sinken, mit quälender Versponnenheit analysiert er seine Lage – um dann wieder listige bis gefährliche Blicke aus den Augenwinkeln zu werfen. Das Dominante des Textes versinnbildlicht er perfekt.

Daß es sich um eine der Lieblingsrollen des fast sechzigjährigen Schauspielers handelt, ist nicht schwer zu erraten. Vor fünf Jahren hat er das Stück zum ersten Mal auf die Bühne des Imago gebracht. Und es jetzt wieder aufgenommen, obwohl es schon damals schlecht lief. Ob das Stück diesmal den Durchbruch schafft? „Wir müssen auch Miete bezahlen“, sagt Peter May zu der Frage, wie lange er es probieren will. Wenn es gar nicht läuft, will er wieder den Steppenwolf bringen, dessen 17jähriges Stammpublikum laufend nachwachse. Knarrende Dielenbretter hin oder her – der Abbruch des Baus wäre dann doch zu schade. Sabine Claus

mittwochs bis samstags, jeweils 20 Uhr, Teater Imago, Admiralitätstraße 71. Achtung, nicht zu fest in das Abendprogramm einplanen – leider fallen die Vorstellungen häufig wegen Zuschauermangels aus