„Ran an die Zukunft“

■ Bremerhaven zahlt 850.000 Mark für eine Werbekampagne. Ein Plakat mit einem „Unterwassermädchen“ soll für gute Laune in der krisengebeutelten Stadt sorgen.

Bremerhaven - eine schöne Stadt? 14.777 Männer und Frauen sind arbeitslos. 14 Prozent leben von der Sozialhilfe. Die Bürger laufen weg. Statistisch gesehen haben in den letzten fünf Jahren jeden Tag vier Bremerhavener die Stadt verlassen. Doch der Glaube versetzt Berge. Davon sind Bremerhavens Stadtväter überzeugt. 850.000 Mark haben sie für eine PR-Kampagne ausgegeben. Unter dem Motto: „Ran an die Zukunft“ hat die Hamburger Werbeagentur Economia zehn Plakate entworfen, die das Image der Stadt aufpolieren und die Bremerhavener am Weglaufen hindern soll. Das erste Plakat zeigt eine kopflose Schwimmerin im Bekini, die aus dem Wasser auftaucht. Über dem Foto prangt die Schlagzeile: „1999 kommen wir nach oben.“ 88 Plakatwände in Bremerhaven wurden mit dem Foto beklebt. „Pünktlich zum Jahreswechsel tauchte die junge „Badenixe“ unübersehbar im Bremerhavener Stadtbild auf und verhieß die griffige Botschaft: „1999 kommen wir nach oben!“ Seither sorgt das Plakat mit dem „Unterwassermädchen“ für Aufsehen und Gesprächsstoff – genau die Absicht der flotten Werbung. Denn sie steht für Bremerhavener Aufschwung. „Bremerhaven schwimmt sich frei“, heißt es in der Pressemitteilung zum Start der Kampagne.

Auch eine Farbbroschüre und ein Newsletter mit Nachrichten aus Fischtown für die überregionalen Medien gehören zu der PR-Kampagne, deren „wichtigstes Ziel sein muß, daß sich die Bremerhavener wieder mehr als bisher mit ihrer Stadt identifizieren“ (Bürgermeister Burkhard Niederquell). Denn: „Jeder Bremerhavener sollte künftig ein engagierter Botschafter seiner Stadt sein, jeder muß davon überzeugt werden, daß er stolz auf diese Stadt sein kann und daß es sich lohnt, hier zu leben.“

Die Idee zur PR-Kampagne kam der Arbeitsgruppe „All hands on deck“ vor drei Jahren. Damals dachten Henning Goes, Geschäftsführer der Tourismus-Förderungs-Gesellschaft, und Alfred Lüneburg, Geschäftsführer der Ocean-Park Entwicklungsgesellschaft, darüber nach, was der Stadt guttun könnte. Die Stadtverordnetenversammlung genehmigte die Image-Kampagne. Auf die bundesweite Ausschreibung bewarben sich 40 Agenturen. Das Rennen machte die Hamburger Werbeagentur Economia.

Seine Schwimmerin findet Agentur-Chef Thorsten Michael „sehr überzeugend“. „Das Bild hat Symbolcharakter. Gezeigt wird ein Mensch, der zu neuen Perspektiven aufbricht.“ Seine Antwort auf die Frage, warum eine Frau und kein Mann aus den Fluten taucht: „Das Foto war von der Ästhetik, von der Blasenbildung und den Wellen am schönsten.“ Daß das Bild auch anders interpretiert werden könnte (Bremerhaven steht das Wasser bis zum Hals oder Bremerhaven ist kopflos) rührt den Werber nicht. „Man kann jede gute kreative Sache immer anders interpretieren.“

Wenn die 900 Meter lange Fußgängerzone in Bremerhaven saniert wird, soll wieder ein Plakat aufgehängt werden. Das Bild: Ein lächelnder Mund. Der Slogan: „Wir bauen ihnen ein 900 Meter langes Lächeln.“ Thorsten Michael: „Man darf nicht alles so negativ sehen. Es geht darum, die Bürger darauf aufmerksam zu machen, das in Bremerhaven etwas geschieht.“ Doch wohnen möchte der Werber in der Seestadt nicht. „Oh nee“, winkt er ab. „Ich wohne lieber in einer richtig großen Großstadt.“ kes