Viel Glück und viehiel Segen ...

■ Urdrü hat Geburtstag / Der Prediger der Wahrheit wird 50

Für manche seiner Lieblingsfeinde ist Urdrü sicher mittlerweile so überlebensnotwendig wie Brot und Wasser: für einen wie Herrn Trappmann von der Ausländerbehörde zum Beispiel, für einen wie Herrn Kreiter von der Affenfolter oder für eine wie Frau Motschmann, die in der Post Briefmarken-quittungen aufhebt. So mancher Lieblingsfreund dagegen würde eventuell auf die Bekanntschaft mit Urdrü verzichten wollen. Harry „hau wech die Bombe“ Warrelmann etwa oder die überaus gern von Urdrü umarmten Ex-Granden der Ostzone oder der 68er-Bewegung. Seit acht Jahren schaut Urdrü in seiner „Wahren Kolumne“ dem Volk bei Comet auf die Spickzettel. Und siehe: Seinen Haß kriegen ausschließlich die ab, die ihn verdienen. Eigentlich jedoch sind Urdrüs gefürchtete Kolumnen nichts anderes als Liebesbriefe. Voll Liebe zu kleinen Leuten und einfachen Wahrheiten, Liebe zu alten Geschichten von Sozialismus und Anarchie, Liebe zu all dem, was eine Tageszeitung über dem Terminjournalismus vergißt. Urdrü wird am Sonntag 50 Jahre alt, und seine Wette vom 4.4.1997 hat er immer noch nicht verloren: „Wetten, daß Ocean- und Spacepark nicht kommen?“ Das einzig Dumme ist, daß der Prediger der Wahrheit nicht automatisch selbst das einzig wahre Leben führt. Er, der schon ewig den ewig erfolglosen Kampf für überall erhältliche T-Shirts Größe XXXXL führt, überlädt sich fortwährend mit falschem Essen und falschem Streß. Darum hütet er derzeit ein Bett in einem mediokren Provinzlazarett, was zu einem falschen Geburtstag des richtigen Mannes führt (und zur Unterbrechung der sonst so zuverlässigen Serie seiner „Wahren Kolumne“). Dem Klabautermann an Bord des nie untergehenden Dampfers taz wünscht die Besatzung alles Gute, gute Besserung und einen richtigen Geburtstag im Falschen. Alle wahren Fans aber summen am Sonntagmorgen andachtsvoll und zu Ehren unseres Lieblingskabarettisten: die Internationale, versteht sich. taz