Mißbrauch: Lehrerkollegium in Aufruhr

■ Sonderschullehrer fühlen sich von Behörde getäuscht. „Wir haben nichts gewußt und niemanden kontrolliert“, sagt das Kollegium nach dem Urteil wegen sexuellen Mißbrauchs.

Die Lehrer einer Bremer Sonderschule sind stocksauer. Sie fühlen sich von der Bildungsbehörde hintergangen. Als vor anderthalb Jahren ein Kollege an ihre Schule versetzt wurde, ahnten sie nicht, daß gegen ihn wegen sexuellen Mißbrauchs einer 15jährigen Schülerin ermittelt wurde. Erst als der Pädagoge vor zwei Wochen zu einer Geldstrafe von 25.000 Mark verurteilt wurde, erfuhren die Lehrer „aus der Zeitung“ von den Vorwürfen. Ihre Empörung ist groß: „Wären uns die Tatsachen bekannt gewesen, hätten wir schon vor einem Jahr die Zusammenarbeit mit dem Kollegen an unserer Schule abgelehnt“, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Erklärung des Kollegiums. „Wir halten es für unverantwortlich, daß dieser Kollege an eine Schule versetzt wurde, in der häufig Kinder betreut werden, die bereits Grenzüberschreitungen durch Erwachsene ausgesetzt waren oder noch sind, die psychisch instabil sind und oft auch über begrenzte Phasen in Einzelbetreuung beschult werden.“

Wie berichtet, wurde der Pädagoge trotz der Vorwürfe wegen Personalmangels nicht in die Erwachsenenbildung, sondern an die Sonderschule versetzt. Die Behörde hatte stets versichert, daß der Pädagoge die elf- bis 13jährigen Schüler nur unter strengen Auflagen unterrichten durfte. Die Lehrerschaft sei informiert gewesen und hätte den Pädagogen kontrolliert. Die Lehrer wissen davon allerdings nichts. „Wir verwehren uns auf das Schärfste dagegen, vom dem Mißbrauch gewußt, ihn gedeckt und den verurteilten Kollegen kontrolliert zu haben.“

Als Rainer Gausepohl, Sprecher von Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD), mit der Erklärung konfrontiert wird, sagt er: „Der Schulleiter wußte Bescheid. Er hat dafür gesorgt, daß die Auflagen eingehalten wurden.“ Wie die Auflagen ausgesehen haben, will Gausepohl nicht verraten. „Vertrauliche Personalsache.“ Doch der Schulleiter weiß nichts von irgendwelchen Auflagen. „Mir sind keine Auflagen aufgegeben worden“, sagt er. „Ich bin noch nicht mal darauf hingewiesen worden, daß der Lehrer keinen Einzelunterricht geben darf.“ Die Behörde habe die Versetzung ihm gegenüber „heruntergespielt.“ „Was genau ihm vorgeworfen wurde, wußte ich nicht. Es hieß, er sei einer Schülerin zu nahe getreten. Von sexuellem Mißbrauch war aber nie die Rede. Was ich wußte, durfte ich nicht weitergeben.“ Einzelunterricht habe der Lehrer aber nie erteilt.

„Wir bleiben dabei, es hat Auflagen gegeben“, sagt Gausepohl und kündigt an, die Widersprüche jetzt in Dienstgesprächen zu klären. Zuständig für die Versetzung in der Behörde war Henning Eick. Der Referent für Lehrerzuweisung hat früher mit dem jetzt verurteilten Pädagogen im Personalrat zusammengearbeitet und duzt sich mit ihm. Die Frage, ob das eine Rolle gespielt habe, verneint Eick entschieden. Der Mißbrauch sei eine „einmalige Entgleisung“ gewesen. Die Schülerin sei einverstanden gewesen und nicht genötigt worden. Aufgrund „dieser besonderen Konstellation der Beziehung“ habe er keine Bedenken gehabt, den Lehrer an die Sonderschule statt in die Erwachsenenbildung zu versetzen. Das Mädchenhaus hat gegenüber der Kripo angegeben, daß der Name des Lehrers dort durch einen Fall bekannt sei, der etwa 20 Jahre zurückliege. Der Lehrer selbst bestreitet das energisch. „Ich bin denunziert worden.“ kes