Die Videoshow mit Lewinsky fällt im US-Senat aus

■ Senat lehnt im Impeachment-Verfahren gegen Clinton die Vorführung von Videobändern mit Zeugenaussagen ab. Am Ende kommt der Präsident vielleicht sogar um eine Rüge herum

Washington (taz) – „In Gottes Namen, stimmt endlich ab und macht dem Ganzen ein Ende!“ Der Mann, der von der Besuchergalerie des Senats in Handschellen abgeführt wurde, hatte mit seinem Zwischenruf die Stimmung im Lande wiedergegeben. Und obwohl sein Auftritt ein Regelverstoß war, scheint der Senat seiner Aufforderung folgen zu wollen – wenn auch nicht sofort. Zunächst bereitete eine satte Mehrheit der Senatoren den Vertretern der Anklage gegen Bill Clinton eine herbe Niederlage. Nein, der Senat will die Videobänder nicht sehen, die von der Vernehmung dreier Zeugen gemacht wurden. Und schon gar nicht wollen sie die Zeugen leibhaftig sehen, auch Monica Lewinsky nicht.

Das Repräsentantenhaus hat seinen Fall im wesentlichen verloren. Die Abstimmung, bei der am Donnerstag 25 Republikaner den Demokraten zu einer Mehrheit verhalfen, signalisiert den Anklägern, daß sie die Geduld des Senats sowie das Gewicht ihrer Argumente überschätzt haben. Henry Hyde und seine Phalanx von Juristen, die Clinton aus dem Amt jagen wollten, werden unverrichteter Dinge auf die andere Seite des Capitols zu den liegengebliebenen politischen Tagesgeschäften zurückkehren müssen.

Eines aber haben sie doch erreicht – die Welt wird Monica Lewinsky sehen, wenn auch nur kurz und durch das doppelte Guckloch der Fernsehübertragung einer Videoaufzeichnung. Der Senat stimmte nämlich der Aufnahme der Bänder ins Protokoll der Verhandlung zu, und in ihren Schlußplädoyers dürfen die Ankläger Ausschnitte daraus zeigen. Wenn dieser Lewinsky-Verschnitt auch schwerlich irgend jemandes Meinung über das ganze Verfahren ändern dürfte, so muß den „Managern“, wie die Ankläger genannt werden, doch für ihren Einsatz zu Gunsten der TV Gemeinde gedankt werden.

Die schiere Existenz der Bänder wird natürlich dazu führen, daß immer mal wieder Ausschnitte zu sehen sein werden und daß man auf diese Weise noch vor Veröffentlichung ihres Buchs einen unmittelbareren Eindruck von jener Frau bekommt, die im Jahre 1998 Amerikas ungekrönte und weitgehend unsichtbare Karnevalsprinzessin war.

Da der Ausgang des ganzen Verfahrens von Anfang an feststand – zur Amtsenthebung Bill Clintons fehlt im Senat die erforderliche Zweidrittelmehrheit –, geht es jetzt nur noch um zwei Fragen: Wird der Senat das Urteil wie ein ordentliches Gericht hinter verschlossenen Türen beraten? Inzwischen deutet sich eine Mehrheit für Öffnung der Türen an. Und dann geht es darum, ob der Senat befinden kann, daß die Vorwürfe der Anklage zwar die Amtsenthebung nicht rechtfertigen, gleichwohl aber den Tatsachen entsprechen.

Dagegen mehren sich Bedenken verfassungsmäßiger Art: Die Impeachmentregeln sehen die Trennung von Wahrheitsfindung und Amtsenthebung nicht vor. Mit der Verfassung hat das freilich weniger zu tun als mit der Befürchtung der Republikaner, sie könnten als Schlappschwänze dastehen, die ihren Überzeugungen die notwendige Tat der Amtsenthebung nicht folgen lassen können.

Von der ganzen Empörung gegen Clinton bleibt am Ende nur noch eine Rüge über, die dem Präsidenten nach der Ablehnung des Impeachments erteilt werden könnte. Und selbst um die steht es schlecht. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Demokraten auch Clintons Gegenspieler Kenneth Starr rügen wollen, womit das ganze Spiel auf unterer Ebene von neuem anfangen könnte. Während Senat und Abgeordnetenhaus noch im Netz des Impeachmentverfahrens verstrickt sind, macht derweil Clinton schon kräftig Politik, indem er dem Volk landauf, landab seinen Haushalt erläutert. Peter Tautfest