Im liberalisierten Kongo ist Opposition nocn riskanter

■ Auf Kabilas Dekrete zur politischen Lockerung folgen Verhaftungen kritischer Journalisten

Berlin (taz) – Die Schritte zur Liberalisierung des politischen Lebens in der Demokratischen Republik Kongo, die Präsident Laurent- Désiré Kabila jüngst ausgerufen hat, machen Kritikern des kongolesischen Regimes das Leben nicht einfacher. Die Chefredakteure der beiden wichtigsten Zeitungen des Landes, André Ipakala von La Référence Plus und Moise Musangana von Le Potentiel, mußten jetzt mehrere Tage im Gefängnis verbringen. Sie kamen erst gestern wieder frei, zusammen mit fünf weiteren inhaftierten Journalisten von Le Potentiel.

Ende Januar hatte Kabila die Wiederzulassung der seit 1997 verbotenen politischen Parteien unter strengen Bedingungen beschlossen. Das entsprechende Dekret, das „den politischen Pluralismus anerkennt und garantiert“, wurde am vergangenen Montag veröffentlicht. Am Dienstag folgte ein Dekret über die Neuordnung des Staatsbürgerschaftsrechts. Es folgt der restriktiven Ansicht, wonach das Recht auf die kongolesische Staatsbürgerschaft sich daraus ableitet, daß man Vorfahren hat, die bereits 1885 in den Grenzen des heutigen Staates lebten. Damit wären viele Nachkommen ruandischer Einwanderer ausgebürgert, was Nationalisten im Kongo freuen dürfte. Am Mittwoch erschien ein drittes Dekret über die Gewährung der seit 1997 aufgehobenen Versammlungsfreiheit, ebenfalls unter strikten Bedingungen – alle „öffentlichen Versammlungen“ von „mindestens zwei“ Personen sind demnach genehmigungspflichtig.

Von der politischen Opposition in Kongos Hauptstadt Kinshasa wurden all dies Dekrete skeptisch aufgenommen. Die wichtigste Oppositionspartei Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS) nannte das Dekret zur Parteienzulassung „freiheitstötend“. Ein UDPS-Vertreter in Deutschland sagte der taz, man lehne es ab, „denn wir haben ja auch nie das Dekret anerkannt, das die Aktivitäten der Parteien verbietet“. Auch die unabhängige Presse berichtete zurückhaltend.

Die Reaktion folgte auf dem Fuße. Am Mittwoch veranstaltete der Geheimdienst ANR eine Razzia bei der Zeitung Le Potentiel und nahm sechs Journalisten fest, darunter den Chefredakteur. Am Donnerstag gab es Zusammenstöße an der Universität von Kinshasa, bei denen mehrere Studenten getötet worden sein sollen. Der zusammen mit den anderen Journalisten gestern freigelassene Chefredakteur von La Référence Plus, André Ipakala, war bereits am 26. Januar verhaftet worden, als er am Flughafen versuchte, mit Exemplaren seines Blattes das Land zu verlassen. UDPS-Sprecher Joseph Kapika wurde jetzt ebenfalls verhaftet; er sitzt seit Donnerstag im berüchtigten Gefängnis Makala von Kinshasa ein.

Mit einer politischen Liberalisierung haben diese Vorgänge wenig zu tun. Das hindert Kabila nicht daran, jetzt zu behaupten, er sei zu einem Waffenstillstand mit den gegen ihn kämpfenden Rebellen im Osten des Landes bereit. Dies glaubt bislang niemand außer ihm selbst. D.J.