In der Monotonie des Two Steps

■ Avantgarde-Musik mit Bodenhaftung – Klangkrieg enterten das Maria, und Style Beats aus New York pendelten die Party endlich höher

Auch Party-Locations müssen mit der Zeit gehen. Drei Jahre lang war die Treptower Insel Heimat von Veranstaltungen des Klangkrieg-Teams. Doch der lange Weg nach Treptow und das Jugendheim-Ambiente der Festung, die in letzter Zeit eher von Mainstream- Events und HipHop-Kids gestürmt wird, schreckten Partygäste besonders in den kalten Wintermonaten ab.

Bevor es also zu einsam auf der Insel werden sollte, zog es die Veranstalter von Klangkrieg Productions erstmals über die Ufer der Spree hinaus. Maria am Ostbahnhof bot ihnen am Freitag abend eine neue Stätte für ihr Konzept von „Avantgarde-Musik mit Bodenhaftung“.

In der neuen Umgebung mußten sich sowohl die mutige Mischung der Live-Acts als auch die Chemie des Publikums erst einmal einfinden. Bebrillte Kunststudenten, ewig junge Nachtschwärmer und die üblichen Kleingruppen von Wochenend-Clubbern stolperten im Foyer übereinander, wo die bemusternden Blicke der Anwesenden sie allerdings nicht lange stehen ließen. Also erst mal losgehen, erkunden und dabei so tun, als ob man alle und alles schon kennen würde-, über die von Schallplatten gesäumte Treppe hinauf in die Lounge, wo Vinylscheiben als Bieruntersätze eine weitere Zweckentfremdung erfuhren, daß dem Plattenliebhaber das Herz blutete. Noch schnell einen Quick- Talk dazwischengeschoben, bevor es dann zu den Konzerten in den Club ging. Dort stand das Tanzbarometer erstmal auf Null. Die junge Berliner Band „Keramik“ bot einem keine leichte Kost: melancholische Großstadt-Lyrik verlor sich inmitten von übermächtigen Beats, die sowohl aus der Maschine als auch von einem Live- Drum-Set – nicht immer taktdeckend – kamen. Raz Mesinai aus New York schaffte es mit seiner Live-Präsentation, zumindest die ersten Reihen in Bewegung zu bringen. Sein orientalisch angehauchter Mix aus schnellen Breakbeats, live eingespielten Djembe- Rhythmen und quäkenden Hirtenflöten animierten eine Handvoll besonders ausdrucksstarker junger Damen zu ekstatischen Körperwindungen. Sehr zur Freude der übrigen Zuschauer, die kopfwippend weitergafften. Erst das Duo We(TM), traf den Geschmack des Wochenendes. Ganz Herr ihrer Maschinen klappten die New Yorker den kompakt verpackten Gerätepark aus und pendelten die Party zwischen Downtempo-Beats und Drum'n'Bass immer höher. Dabei waren sie so in ihr Set vertieft, daß auch das Publikum erkannte, daß es langweilig ist, zwei an Knöpfen drehende Menschen zu beobachten und sich lieber der Monotonie des Two Steps hingab.

Uh-Young Kim