■ Paris: Kosovo-Friedensgespräche und die europäische Außenpolitik
: Das balkanische Knäuel

Die europäische Politik hat sich mit den Verhandlungen im Schloß Rambouillet bei Paris eine große Verantwortung aufgehalst. Und sich in die Gefahr begeben, im balkanischen Knäuel verheddert zu werden. Vor allem Frankreich und Großbritannien waren es leid, sich in europäischen und balkanischen Angelegenheiten ständig der US-amerikanischen Diplomatie unterzuordnen. Gerade in Paris und in London hat man die Schmach nicht vergessen, daß der Friede in Bosnien-Herzegowina nur durch das Eingreifen Washingtons möglich geworden ist.

Jetzt soll alles anders werden. In der Nähe der geschichtsträchtigen Orte Versailles und Trianon, wo nach dem Ersten Weltkrieg der Staat Jugoslawien unter Einschluß des Kosovo aus der Taufe gehoben wurde, soll Europa jetzt die lange vermißte Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Und muß dabei erkennen, daß gerade das Problem des Krieges und des Friedens im Kosovo sich wenig dazu eignet, die Konturen einer eigenständigen europäischen Außenpolitik zu entwickeln. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, daß es nur schwerlich gelingen kann, ohne amerikanische Hilfe die beiden im Konflikt stehenden Seiten zu einem tragfähigen Kompromiß zu bewegen.

Indem Slobodan Milošević eine nur untergeordnete Delegation nach Frankreich geschickt hat, hat er sich innenpolitisch gegen Kritik von rechts, von seiten der Šešelj-Nationalisten, abgesichert. Er kann mit dem Argument, die Delegation sei nicht hochrangig genug, immer wieder Nachbesserungen verlangen. Nach außen jedoch hat er der serbischen Position einen Bärendienst erwiesen. Denn gerade Frankreich steht ja für die Position, Serbien entgegenzukommen. Die Autonomie für den Kosovo, die sich als Linie der Europäer abzeichnet, wäre vom serbischen Standpunkt aus ja nicht die schlechteste Lösung.

Die Albaner haben schnell gelernt, sich auf dem glatten Parkett des Schlosses zu behaupten. Kooperationsbereit in der Form und hart in der Sache ringen sie um das Ziel, von dem sie nicht abrücken wollen. Ohne Garantien, daß am Ende des Prozesses die Unabhängigkeit steht, wollen sie keinem Kompromiß zustimmen. Sie wollen dem europäischen Druck widerstehen. Und können dies wahrscheinlich auch. Denn die USA sind bereit, diese Garantien zu geben. Die Vorstellung, daß eine europäische Initiative allein erfolgreich den Frieden herbeiführt, ist angesichts dieser Konstellation kaum zu realisieren. Vielleicht ist es im Interesse der Sache auch angemessen, europäische Alleingänge zu vermeiden. Erich Rathfelder