„Brauchen“ Spitzenmanager 20 Millionen? –betr.: „Gewerkschaftliche Minderheitenpolitik“, „Daimler-Chefs beantragen Steuerasyl“, taz vom 3. 2. 99

... einen Moment lang habe ich geglaubt, die FAZ zu lesen! Dann der nächste Artikel betreffend die Daimler-Chefs ... also doch taz? Ich lese Koch noch mal: Er fragt aber im Ernst, ob Metallarbeiter wirklich 3.000 DM mehr brauchen pro Jahr!

Woher nimmt er die Kompetenz zu beurteilen, wieviel ein Arbeiter braucht? Oder ist es nur die übliche Arroganz? Wahrscheinlich, denn sonst würde sich Koch ja auch dazu äußern, ob ein Vorstandsmitglied tatsächlich 1,4 Millionen im Jahr mehr „braucht“. Aber die Spitzenfunktionen werden ja nicht nach dem bezahlt, was sie brauchen (das wäre erstaunlich wenig, denn vom Dienstwagen bis zur Dienstvilla haben sie schon vieles, wofür andere das verdiente Geld ver-“brauchen“ müssen), sondern danach, was sie am Markt wert sind. Die kriegen eben, was sie verdienen (Bonus!), nicht was sie brauchen.

Und die Metallarbeiter? Glaubt Koch im Ernst, man gäbe ihnen auch nur 30 DM mehr im Jahr allein deshalb, weil sie das Geld brauchen? Wenn die Gewerkschaften 1999 endlich etwas Lohnzuwachs erstreiken sollten, dann deshalb, weil man vom Kapital wenigstens einen Teil von dem zurückholt, was man vorher verdient hat. Und wenn man das am Markt durchsetzt, weil man, wie uns die Konzernchefs sagen, Leistung eben durchsetzen muß, dann ist das sicher nicht so anachronistisch wie Kochs eigenartige Doppellogik im Einleitungssatz. Da gibt er zu, daß seit 16 Jahren Lohnzurückhaltung nur zu hohen Unternehmensgewinnen geführt hat. Aber wie in der FAZ führt er diesen Gedanken nicht weiter, sondern mahnt weitere Lohnzurückhaltung an. Eins ist sicher: Herr Schrempp würde ihn nicht einstellen, weil Daimler keinen einstellt, der nicht durchblickt! Dr. Köhler, München

Der Kommentar streift die fehlende „Differenzierung des Lohnzuwachses entsprechend der Gehaltshöhe“ leider nur. Die jährlich wiederkehrenden Prozentforderungen und –erhöhungen vergrößern die schon vorhandenen enormen Gehaltsunterschiede immer weiter. Bei nur vier Prozent Erhöhung bedeutet das absolut für ein Einkommen von 4.000 Mark 160 Mark Erhöhung bei 6.000 Mark, aber schon 240 Mark, also 80 Mark mehr an Erhöhung im Monat.

Vor Jahren wurden von vielen Gewerkschaftsmitgliedern lineare Lohnzuwächse oder zumindest Sockelbeträge gefordert. Das ist leider untergegangen, die Gewerkschaften orientieren sich nach wie vor an ihrer gutverdienenden Klientel. Das Abrücken von Prozentforderungen ist überfällig, damit die Gehaltsdifferenzen wenigstens konstant bleiben. Ursula Wöll, Wetzlar

Die Metallindustrie streikt, der öffentliche Dienst ist unzufrieden, die Landwirtschaftsverbände bangen um ihre Zukunft, und unser Wirtschaftsminister Werner Müller sagt, er halte es für denkbar, daß Deutschland in naher Zukunft wieder Atomkraftwerke brauchen könnte.

Und was machen der Vorstandsvorsitzende Jürgen Schrempp und die Manager von DaimlerChrysler? Sie erklären den Arbeitslosen und verbliebenen Arbeitskräften in Deutschland, wie ArbeitnehmerInnen einen Teil ihrer Einkünfte in Amerika deklarieren können. So wird Geld gemacht, Oskar.

Lieber Oskar Lafontaine. 20 Millionen DM Jahreseinkommen für Jürgen Schrempp und Kollegen und immer noch nicht genug ... Wie findest du das denn? Martin Stief, Wuppertal