„Ab ins Arbeitslager“?

■ Einer Schöffin am Landgericht droht Strafverfahren, weil sie den Vorsitzenden Richter für befangen hält

Daß RichterInnen auch „die Unparteiischen“ genannt werden, kann Irmela Manzke nur noch ein spöttisches Lächeln abringen. Als Schöffin in einem Drogenprozeß saß sie Ende Januar mit den Berufsrichtern der Großen Strafkammer 19 des Landgerichts beim Kaffee zusammen, als der Vorsitzende über den Angeklagten geäußert habe: „Solche Leute gehören ins Arbeitslager“. Manzke schaltete einen Rechtsanwalt ein. Doch jetzt wird nicht etwa der Richter vom Verfahren ausgeschlossen. Es ist Irmela Manzke, gegen die nun ein Befangenheitsantrag der Staatsanwaltschaft läuft.

Zudem hat sie offenbar mit einer Strafanzeige zu rechnen, weil sie öffentlich machte, was in jenem Hinterzimmer geschehen sein soll. Denn damit, so die Staatsanwaltschaft, „hat sie einen Straftatbestand erfüllt“.

Es war zum Auftakt eines über Wochen angelegten Verfahrens wegen Dealerei, als die Bemerkung gefallen sein soll. Darauf wandte Manzke sich zunächst mit der Frage nach einer „Schöffenberatung“ an die Geschäftsstelle der Strafkammer. Dort habe man ihr lediglich gesagt, sie solle dem Richter selbst mitteilen, daß sie seine Äußerung mißbillige. Manzke wandte sich jedoch hilfesuchend an ihren Rechtsanwalt. Der informierte den Verteidiger des Angeklagten im Drogenprozeß, Uwe Maeffert. Am 1. Februar beantragte Maeffert, den Vorsitzenden Richter wegen Befangenheit vom Verfahren auszuschließen.

Der Antrag wurde jedoch am 4. Februar abgelehnt. Denn niemand außer Manzke will in der Kaffeerunde den Spruch über das Arbeitslager, der laut Manzke „in die Nazizeit zurückgeht“, gehört haben. Eine weitere Schöffin „kann sich nicht erinnern“, eine dritte hat „so eine Äußerung nie gehört“. Die einzige, die zu ihrem Vorwurf nicht befragt wurde, ist Manzke selbst. Ohne sie persönlich anzuhören, sprach das Landgericht ihr die Glaubwürdigkeit ab.

Daß eine Schöffin die „mit richterlicher Objektivität unvereinbare Situation“ öffentlich mache, bezeichnete Maeffert gestern als ein „seltenes Ereignis in der Strafrechtspflege“. Er beantragt ein zweites Mal, den Vorsitzenden von diesem Drogenprozeß auszuschließen – und diesmal die Schöffin Manzke zu dem von ihr erhobenen Vorwurf zu befragen. ee