Nur Kommodenfotos abgegriffen

■ Bild-Redakteure wegen Amtsanmaßung verurteilt. Sie hatten sich als Polizisten ausgegeben, um an Privatfotos zu kommen

Drei Porträtfotos prangten am 4. Oktober 1997 auf Seite 3 der Hamburger Ausgabe der Bild-„Zeitung“, dazu die Information: „Das ist die Steak-House-Bande“. Die Eltern der tags zuvor verhafteten mutmaßlichen Räuber waren entgeistert, als sie die Gesichter ihrer Kinder in der Boulevardzeitung sahen. Wohl hatten sie selbst die Fotos an zwei Bild-Reporter herausgegeben, die sie zu Hause aufgesucht und darum gebeten hatten – in der Annahme, diese seien Polizisten. Im Juli verurteilte das Amtsgericht die beiden wegen Amtsanmaßung zu einer Geldstrafe. Gestern wurde das Urteil rechtskräftig, sie gelten damit als vorbestraft.

Ursprünglich hatten der Redakteur Thomas R. und der Fotograf Hamdi G. dagegen Rechtsmittel eingelegt. Denn sie beteuerten, niemals behauptet zu haben, Polizisten zu sein. Sie hätten sich gegenüber den Familien der Angeklagten als Journalisten ausgegeben, sagten sie vor Gericht, worauf die Eltern ihnen Fotos der verhafteten Kinder gegeben hätten.

Der Angeklagte Hamdi G. räumte allerdings gestern gegenüber der taz ein, daß sie den Polizeibericht über die Verhaftung in der Hand gehalten hätten – und offenbarte damit einen Trick, den Boulevardjournalisten gerne anwenden, „um Kommodenfotos abzugreifen“, wie sie das nennen: Sie lassen verschiedentlich den Begriff „Polizei“ fallen, etwa, indem sie sich als „Polizeireporter“ vorstellen. Damit erwecken sie den Eindruck, selbst Beamte zu sein. Zudem halten sie ein Fax von der Polizei in der Hand, dessen offizieller Briefkopf den Eindruck untermalt.

Einer der Väter der verhafteten Jugendlichen hatte vor Gericht als Zeuge versichert: „Wenn sie gesagt hätten, sie seien Journalisten, hätte ich ihnen das Foto nicht gegeben“. Der Vorsitzende Richter hatte vor wenigen Tagen angedeutet, daß es nicht von Belang sei, ob die Journalisten sich explizit als Polizisten bezeichnet oder anderweitig vermittelt hätten, Beamte zu sein. Er hatte durchblicken lassen, daß sie auch in zweiter Instanz mit einer Verurteilung rechnen müßten. Daraufhin zogen sie gestern vor dem Landgericht ihre Rechtsmittel zurück.

Bekannt wurden die Machenschaften der Bild-Reporter dadurch, daß einer der Väter sich bei einem ihm bekannten Polizisten darüber beschwerte, daß dessen angebliche Kollegen die Fotos an die Boulevardpresse weitergegeben hätten. Der wurde stutzig und leitete Ermittlungen ein. Elke Spanner