Warmwasser gibt es nur für die Minister

In den neuen Ministerien in Berlin soll der Energiebedarf drastisch gesenkt werden. Energiebeauftragter Uwe Römmling kämpft deshalb mit Architekten und Denkmalschützern um Sparlampen und Solardächer  ■ Von Jutta Wagemann

Zum Abschluß von Baustellenführungen deuten die Architekten in der Regel stolz auf das Dach: „Was da so verheißungsvoll in der Sonne funkelt, ist unsere Photovoltaikanlage.“ Respekt und Staunen der Besucher sind ihnen gewiß. Gleichzeitig wird die beabsichtigte Botschaft transportiert: Die neuen Regierungsbauten in Berlin sind ökologisch vorbildlich.

Das sind sie tatsächlich. Aber nicht in erster Linie wegen der Solaranlagen, wie Uwe Römmling nicht müde wird zu betonen. Der Energiebeauftragte des Bundesbauministeriums präsentiert gerne das gesamte Energiekonzept für die neuen Behörden, doch die stete Fokussierung auf die Sonnenenergie ärgert ihn. „Nur wenn insgesamt der Energiebedarf für die Bauten gesenkt wird“, erläutert er, „macht auch der Einsatz erneuerbarer Energien Sinn.“

Nicht erst die rot-grüne Bundesregierung faßte den Beschluß, in ökologisch korrekte Bauten in Berlin einzuziehen. Schon unter Kohl lautete die politische Forderung: Der Energiebedarf soll über das übliche Maß hinaus gesenkt werden, und es sollen umweltverträgliche Baustoffe verwendet werden. Alle Investitionen jedoch müssen sich im Laufe der Nutzungsdauer – in der Regel 30 Jahre – amortisieren. Mit der Umsetzung beauftragte der frühere Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) 1995 Uwe Römmling, der am „Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken“ der Technischen Universität Berlin arbeitet. Für den Einsatz der Baustoffe ist die Gesellschaft für ökologische Bautechnik Berlin zuständig.

Die Anforderungen sind klar formuliert: Bei den Neubauten – die etwa die Hälfte der neuen Regierungsbauten ausmachen – sollen die Richtwerte der Wärmeschutzverordnung um 30 bis 40 Prozent unterschritten werden. „Normalerweise werden diese Vorschriften gerade so erfüllt“, sagt Römmling. Für die Regierungsbauten heißt das: Die Wärmedämmung muß wesentlich höher sein als bei irgendeinem x-beliebigen Neubau. Darüber hinaus soll der Elektroenergiebedarf um das Dreifache gegenüber dem Standard gesenkt werden.

Kämpft Römmling bei den Neubauten – Kanzleramt, Bundespräsidialamt, den Bundestagsbauten und einigen Ergänzungsbauten von Ministerien – vor allem mit den finanziellen und baulichen Vorgaben sowie mit eigensinnigen Architekten, muß er sich bei der Renovierung der Altbauten auch noch mit dem Denkmalschutz herumschlagen. Energiesparlampen im alten DDR-Kronleuchter? Drei-Scheiben-Fenster in den 250 Jahre alten Invalidenhäusern, in die das Wirtschaftsministerium einzieht? Bei solchen Fragen ist auf beiden Seiten Verhandlungsgeschick gefragt.

Ökologische Vorzeigeprojekte sind die Regierungsbauten im Spreebogen: Kanzleramt, Reichstag sowie Dorotheen- und Luisenblöcke für den Bundestag. Sie werden künftig von eigenen Blockheizkraftwerken versorgt, die mit Pflanzenöl befeuert werden. Der Clou sind jedoch zwei geologische Besonderheiten im Spreebogen: In rund 50 Meter Tiefe befindet sich ein „Flachspeicher“: Sein Wasser wird zur Kühlung des Reichstags verwendet. Anschließend wird das dann warme Wasser aus der Kühlanlage an anderer Stelle wieder in den Speicher zurückgepumpt und kann im Winter für die Heizung benutzt werden. Ähnlich wird ein „Tiefenspeicher“, etwa 300 Meter unter der Oberfläche, genutzt: Die Abwärme aus den Heizkraftwerken wird im Sommer in den Speicher gepumpt und kann im Winter für die Heizung benutzt werden.

Die meisten anderen Regierungsbauten bleiben jedoch an die bestehenden Berliner Heizkraftwerke angeschlossen, die in den meisten Fällen eine Kraft-Wärme- Koppelung haben und damit ökologisch akzeptabel sind.

Wenn Architekten große Glasflächen an den Gebäuden einplanen, ist Römmling darüber nicht sehr glücklich. Denn dadurch geht im Winter viel Wärme verloren, im Sommer heizen sich die Räume stark auf. Klimaanlagen will der Energiebeauftragte jedoch so weit wie möglich vermeiden. Nur in Räumen mit wichtiger Computertechnik, für repräsentative Zwecke oder für die Minister stimmt Römmling einer Kühlanlage zu. Auch wenn sich aus Sicherheitsgründen die Fenster nicht öffnen lassen, ist eine Klimaanlage die einzige Lösung. „Aber bei den Büros für Staatssekretäre fangen wir schon an zu diskutieren“, sagt der Energiebeauftragte schmunzelnd.

Erbarmungslos bleiben Römmling und seine sechs Mitarbeiter dagegen beim Wunsch nach warmem Wasser. Weder in den Waschräumen der Toiletten noch an den Waschbecken der Büros, die teilweise wegen des Denkmalschutzes erhalten bleiben, wird es Warmwasser geben. Nur Minister dürfen sich mit warmem Wasser die Hände waschen. In den Groß- und Teeküchen und in den Duschen (für die Radfahrer) wird es aber auch warmes Wasser geben.

Auch auf den schicken Deckenfluter mit Halogenleuchte müssen die Beamten in Berlin verzichten. Mit Computersimulationen errechnen die Energieexperten, wie das vorgeschriebene Mindestmaß an Energie erreicht werden kann – aber nur mit Energiesparlampen. Auch die traditionelle Glühlampe wird es nicht geben.

Die erneuerbaren Energien sind für Römmling das Sahnehäubchen. Mindestens 15 Prozent des Energiebedarfs sollen in den Neubauten damit abgedeckt werden. Pflanzenöl für das Heizkraftwerk nimmt dabei die wichtigste Rolle ein. Für die Warmwasserherstellung werden 1.000 Quadratmeter Sonnenkollektoren installiert. Für den Strom kommen etwa 10.000 Quadratmeter Photovoltaikanlagen hinzu. Damit werden laut Römmling drei bis fünf Prozent des Strombedarfs abgedeckt. Etwa 20 Millionen wird die Solartechnik insgesamt kosten.

„Die Nutzer bekommen von uns ein optimiertes System“, faßt Römmling seine Arbeit zusammen. Ob der Energieverbrauch tatsächlich sinkt, hängt nicht unwesentlich von den Beamten ab. Wer abends bei laufendem Computer, brennendem Licht und geöffnetem Wasserhahn das Büro verläßt, kann die Energiesparträume schnell zunichte machen.