Penetriert den Papst!

■ Die tobsüchtigen Death-Metaller Deicide lechzen nach allem, was nach Sakrileg, Bibel und Stammtischreligion riecht

Deicide haben was vor mit der Welt. Polternd hetzt Floridas letzte große Death-Metal-Band nach Morbid Angel gegen alles, was nach Bibel und Sakrileg riecht, als sei die Religion am Stammtisch erfunden worden. Das muß unter anderem auch am Namen liegen, denn Deicide bedeutet nichts anderes als „Mord an Gott“. Noch Fragen? Ein durchaus hochgestecktes Ziel, das am Ende mancher Blasphemie steht.

Mit viel Getöse und Schwefelschwaden wird erst der Papst penetriert, dann die Jungfrau Maria ihrer imaginären Unschuld beraubt und letztlich Gottes Sohn verkehrt herum ans Kreuz genagelt. Welcher Vater würde da nicht Amok laufen? Aber soll er nur kommen, der Herr der Weicheier und Oberhirte von abermillionen gläubiger Schafe – der Männerbund Deicide steht bereit. Mit sägenden Gitarren, spitzen Drumsticks und bärenstarken Stimmbändern ausgestattet glaubt sich das Quartett um Bandleader Glen Benton mit den adäquaten Mitteln im richtigen Film.

Nur: Warum eigentlich der ganze Ärger, und vor allem, was soll nach der schändlichen Tat kommen? Für Benton ist die Sache klar, denn der Mann mit dem stechenden Blick ist Satanist. Kein organisierter, der blind den etwas sehr geradlinigen Regularien einer „Church of Satan“ angehört. Glen Benton, der seinen Sohn standesgemäß Damien genannt hat, trägt seine Vision nicht im Ordensbuch, sondern auf der Stirn in Form eines eingebrannten, umgedrehten Kreuzes. Manchmal ist die Welt halt einfacher, als andere denken.

Den entscheidenden Rest erklärt der 100-Kilo-Klops zur Privatsache und schweigt sich aus. Das hat der martialischen Formation den Ruf der Einsilbigkeit eingebracht und den Blick nach Norwegen wandern lassen. Dort tragen die Black Metaller ein zünftiges Kriegs-Make-up, stecken Kirchen in Brand und bringen sich mitunter auch gegenseitig um. Lustig ist das nicht – zumal sich ein braun-nationalistischer Geist breitgemacht hat und ein vorchristlich-heidnisches Ideal zum Allheilmittel gegen das Christliche erkoren wurde.

Deicide hat die fatale Gesinnungskette „Satan-Odin-Nazi“ indes nie aus dem Gleichgewicht gebracht. Für sie wohnt Gott oben im Himmel und der verstoßene Luzifer 666 Etagen darunter. Dementsprechendbesteigt Benton nur ungern ein Flugzeug, um seinem Todfeind nicht doch eines Tages in die Augen schauen zu müssen. Denn das wäre kaum der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Oliver Rohlf mit Rotting Christ, Ancient Rites, Aeturnus, Behemoth: Do, 11. Februar, 20 Uhr, Markthalle