Stadtchef an der Notrufsäule

„Hier ist Ortwin Runde. Wann kommt der nächste Zug?“ Hamburgs Erster Bürgermeister fährt U-Bahn und informiert sich über deren Sicherheitskonzept  ■ Von Elke Spanner

„Kurzzug“ kündigt die Leuchttafel auf dem Bahnsteig an und verspricht: „Fährt sofort“. Prompt kommt die „U3 Barmbek“ aus dem dunklen Bahntunnel geschossen. Fahrgäste drängen heraus. Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) macht Anstalten, zum Waggon zu schreiten, als Hochbahn-Chef Günter Elste ihn am Ärmel seines Lodenmantels zupft. „Wir nehmen den nächsten. Das ist ein moderner“ raunt er Hamburgs Regierungschef ins Ohr.

Schon drei Mintuen später kommt ein Zug, der einem Besuch des Bürgermeisters würdig ist. Runde wandelt sich zum lernwilligen Schuljungen, läßt sich geduldig das Sicherheitskonzept der städtischen U-Bahn erklären. Erfolgreich sei es, prahlt Elste: Die Zahl der Gewaltdelikte, die in U-Bahn-Wagen und Bahnhöfen begangen werden, sei 1998 im Vergleich zum Vorjahr um fast die Hälfte gesunken. Wurden 1997 rund um die U-Bahn noch 554 Raubüberfälle begangen, Menschen verletzt oder bedroht, registrierte die Hochbahn 1998 nur noch 296 derartige Taten.

Das „ganzheitliche Konzept“, das zu diesen Erfolgen zumindest beigetragen habe, berücksichtigt neben den objektiven Sicherheitserfordernissen auch die subjektiven Bedürfnisse der Fahrgäste, so Elste. Neben der technischen Ausstattung von Haltestellen und Fahrzeugen mit Videoanlagen und Notrufsäulen spiele die Gestaltung eine wichtige Rolle.

Vor allem die neuen Züge hätten sich bewährt, sagt Elste: Übersichtlich sind sie, hell und ohne die Möglichkeit, sich darin zu verstecken. Die Waggons sind nicht durch undurchsichtige Wände, sondern transparente Fenster verbunden. Jeder Wagen hat einen Notrufmelder. Die sind mit dem Fahrerhäuschen verbunden, das wiederum einen direkten Draht zur Leitstelle der Hochbahn hat. Geht dort ein Notruf ein, schicken die MitarbeiterInnen U-Bahn-Wachleute oder die Polizei los, die so schnell wie möglich in die Bahn einsteigen.

Runde fühlt sich informiert und steigt aus. Haltestelle „am Schlump“ – hier ist eine der insgesamt sieben „Streckenzentralen“ im gesamten Stadtgebiet. Von hier aus werden die Bahnhöfe per Kamera und Monitor überwacht. Denn nur entlang der Linie „U1“ stehen noch BeamtInnen direkt auf den Bahnsteigen. Die Linien „U2“ und „U3“ werden zentral überwacht, zwölf Bahnhöfe alleine vom „Schlump“ aus.

Der Bürgermeister macht den Test. Er drückt auf den Knopf einer Notrufsäule. „Ortwin Runde“, meldet er sich höflich, als eine Stimme aus dem Lautsprecher ertönt. „Wann fährt der nächste Zug?“ Die Dame aus der Zentrale bietet ihm eine Fahrt nach Barmbek an, „Abfahrt in einer Minute“. Runde dankt für die Auskunft und dreht sich zur Leuchttafel auf dem Bahnsteig um. „Zug fährt in zwei Minuten“, steht da.

Zurück zum Rathaus fährt der Bürgermeister dann mit einem alten Zug. Die Bahnen, die schon Ende der sechziger Jahre auf die Schienen gestellt wurden, haben weder Sichtfenster noch Notrufsystem. Sie werden jedoch nachgerüstet, verspricht U-Bahn-Mitarbeiter Sieg: „Ab Herbst sollen zumindest in den Abendstunden nur noch Züge mit entsprechender Ausstattung durch Hamburg fahren.“