Revival der Kinderläden: neues Werben für alte Ideen

■ Verbund Bremer Kindergruppen preist die alternativen Betreuungsangebote und klärt die nachwachsende Generation jetzt über seine Vorzüge auf

Sie wollten Alternativen zum staatlichen Kindergarten bieten und „freie Pädagogik“ wagen: Die sogenannte „Kinderladen“-Bewegung, die vor 30 Jahren auch in Bremen startete. Bis heute nutzen mehrere tausend Bremer Eltern dieses alternative Betreuungsangebot. Damit das auch in Zukunft so bleibt, treten die Aktiven jetzt verstärkt in Aktion: Sie rühren bei der nachwachsenden Generation die Werbetrommel – und preisen kräftigst die „Vorzüge“ der Eltern-Kind-Gruppen.

Denn wer weiß eigentlich genau, „was das heißt: –Eltern-Kind-Gruppe–“, sagt Gabi Helms vom „Verbund Bremer Kindergruppen“. Die nachwachsende Generation wisse kaum noch etwas über die „Verrückheiten und Fantasien“ der Gründergeneration. Da kursierten zum Teil „völlig falsche Vorstellungen“ – zum Beispiel, daß Eltern ihre Kinder dort selber betreuen. „Das ist mitnichten so.“ Die Eltern organisieren in einem Verein ein eigenes gemeinsames Betreuungsangebot – vom Einstellen der ErzieherInnen bis hin zur Raumsuche.

Mitgestalten, mitentscheiden und mitreden können sind deshalb die gepriesenen Vorzüge in einer Umfrage, die der Verbund jetzt zu Werbezwecken startete. „Was schätzen Sie an den selbstorganisierten Betreuungsangeboten?“ war dabei die Hauptfrage in den Gruppen, um mit diesen Antworten auch handfeste Pro-Argumente in der Hand zu haben.

Zwar existieren in Bremen immerhin rund 160 Kindergruppen, die über 2.000 Kinder zwischen ein bis zwölf Jahren betreuen. Aber laut Umfrage erfahren die meisten Eltern bislang nur durch „Mund-zu-Mund-Propaganda“ vom alternativen Angebot. „Wegen diesem Insiderwissen treten wir jetzt verstärkt nach außen“, erklärt Gabi Helms vom „Verbund Bremer Kindergruppen“.

Aber nicht nur deshalb: Den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für alle Drei bis Sechsjährigen hat Bremen nämlich mittlerweile umgesetzt. Die Kinderläden erlebten aber gerade deshalb einen Boom, weil lange schlichtweg nicht genug Kitaplätze existierten. In Zukunft könnten dagegen Staat, Kirchen, freie Träger und alternative Kindergruppen sogar um potentielle Kindergartenkinder buhlen: „Vielleicht wird es irgendwann gar freie Plätze geben“, prognostiziert Verbundfrau Gabi Helms.

Deshalb macht sich der Verbund derzeit politisch vor allem für die Krabbelkinder stark: „Für die ein- bis dreijährigen Kinder ist definitiv nicht genug Angebot da“, klagt Gabi Helms – obwohl immer mehr Familien auch schon für kleine Kinder Betreuung brauchen. Stadt und freie Träger bieten zusammen schlappe 146 Plätze, in freien Gruppen gibt es immerhin 500. „Aber der Bedarf ist noch viel, viel größer“, klagt Helms, „in Bremen liegt die Versorgungsquote bei nur 4,5 Prozent.“ Die große Koalition förderte aber bislang nur Kitas und Hortangebote und vernachlässigte dabei die Krabbelkinder.

Keine einzige neue Krabbel-gruppe in den vergangenen vier Jahren: Das ist die ernüchternde Bilanz beim Verbund der Kindergruppen. Seitdem herrscht „kompletter Zuschußstopp“, klagt Gabi Helms – obwohl auch Sozialsenatorin Tine Wischer (SPD) sieht, „daß Bedarf da ist“, erklärt Sprecher Holger Bruns auf Nachfrage. Es hänge eben alles an der künftigen Regierung in Bremen, „das fortzuschreiben“.

Doch über mangelnde Zuschüsse im ganzen dürften sich die freien Gruppen eigentlich nicht beklagen: Immerhin bezuschußt Bremen die alternativen Angebote insgesamt pro Jahr mit rund elf Millionen Mark. Die Vereine bekommen monatlich einen staatlichen Zuschuß – den Rest tragen die Eltern durch eigene Beiträge. Je nach Angebot sind die Kosten für die Eltern natürlich unterschiedlich: „Wer eine 40-Stunden-Betreuung mit besonderen Angeboten wie zum Beispiel Musik haben will, zahlt natürlich entsprechend mehr“, erklärt Herbert Förster von der Beratungsstelle für „Eltern-Kind-Gruppen“ beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Unbezahlbar sei dagegen das hohe Maß an Mitbestimmung im elterlichen Kollektiv – das „spannend, manchmal nervig, aber auch ziemlich aufregend“ sein kann.kat