Ökosteuer tut der Industrie nicht mehr weh

■ Firmen kriegen Großteil zurückerstattet. Freistellung für kleine Blockheizkraftwerke

Bonn (taz) – Begeistert schienen die rot-grünen Steuerexperten von der ersten Stufe ihrer Ökosteuer nicht zu sein, die sie gestern in Bonn vorstellten. Reinhard Loske, umweltpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, räumte ein, die erste Stufe sei alles in allem kein „besonders großer Wurf“. Sie habe aber an ökologischem Profil gewonnen.

Denn auf Drängen der Grünen erhalten kleine, umweltfreundliche Kraftwerke, die auch die Abwärme nutzbar machen, erhebliche Steuervorteile. Sie werden von Ökosteuer und sogar Mineralölststeuern befreit, wenn sie, wie etwa moderne Blockheizkraftwerke, einen Wirkungsgrad von über 70 Prozent haben und eine Leistung von unter 700 Kilowatt.

Klar ist auch, daß das Gesetz wie geplant zum 1. April in Kraft tritt. Die Mehrheit im Bundesrat sei gesichert, so der SPD-Finanzexperte Reinhard Schultz. Der noch amtierende hessische Ministerpräsident, Hans Eichel, hatte angekündigt, sein Land werde entgegen früherer Aussagen im Bundesrat doch dafür stimmen.

Damit wird nicht nur der Sprit um die vom Kanzler festgelegten sechs Pfennig teurer. Jeder Liter Heizöl kostet bald vier Pfennig und jede mit Gas erzeugte Kilowattstunde Wärme 0,32 Pfennig mehr. Strom wird mit zwei Pfennig je Kilowattstunde besteuert.

Neu ist auch, daß es keine Ausnahmen für die energieintensive Industrie gibt. Dafür wird das gesamte produzierende Gewerbe einheitlich mit einem auf nur 20 Prozent reduziertem Energiesteuersatz belegt. Allerdings wird keine größere Firma (mit einer Stromrechnung von mehr als 1.000 Mark) groß bluten müssen: Zahlt sie nämlich mehr Energiesteuern, als sie durch die gesenkten Lohnnebenkosten spart, kann sie sich die Mehrkosten zurückerstatten lassen – bis auf einen bescheidenen Eigenanteil von einem Fünftel dieser Differenz.

Dazu müssen sie bei den zuständigen Hauptzollämtern eine „Energiesteuererklärung“ abgeben. Von den 270.000 betroffenen Betrieben kämen potentiell 210.000 in den Genuß dieser Regelung, so Schultz. So sorgt die Ökosteuer auch ganz direkt für neue Jobs: Rund 500 Zollmitarbeiter müßten neu eingestellt werden.

Die Einnahmen von 11,3 Milliarden Mark sollen ohne Abstriche in die Rentenkassen fließen. So können die Lohnnebenkosten um 0,8 Prozentpunkte gesenkt werden. Ziel der Koalition ist, noch in dieser Wahlperiode die Sozialversicherungsbeiträge unter 40 Prozent zu senken. Thorsten Denkler