Regierung senkt die Steuerlast

■ Der Eingangssteuersatz geht in mehreren Stufen zurück, Steuersubventionen werden gestrichen. Union moniert "unerträgliche Arroganz" von Rot-Grün, das Steuergesetz beschließen zu wollen

Bonn/Berlin (taz) – Lieschen Müller und der Mittelstand dürfen sich freuen. Das Bundeskabinett hat gestern den ersten Schritt der rot-grünen Steuerpläne gebilligt: Lieschen Müller muß demnach vom 1. Januar 1999 an ein bißchen weniger an den Fiskus zahlen – der Eingangssteuersatz sinkt von 25 auf 23,9 Prozent. Ab 2000 sind es dann nur noch 19,9 Prozent. Zudem hebt Rot-Grün den Grundfreibetrag auf 14.000 Mark an (vorher 13.500 Mark). Dieses Element tritt erst mit der dritten Stufe der Reform in Kraft.

Die Steuerreform in drei Schritten in den Jahren 1999, 2000 und 2002 ist für Finanzminister Oskar Lafontaine (SPD) die Erfüllung eines Wahlversprechens: Die Entlastung von Familien und Arbeitnehmern. Lafontaine bekräftigte, eine Familie mit zwei Kindern solle ab dem Jahr 2002 um rund 2.700 Mark entlastet werden.

Für Opposition, Finanzhof und viele andere ist das erste Steuergesetz der Regierung Schröder eine Verkomplizierung der eh schon unübersichtlichen fiskalischen Regeln in der Bundesrepublik. Die CDU/CSU störte sich gestern allerdings mehr am Zustandekommen des „Steuerentlastungsgesetzes“ denn an den neuen Anweisungen für Finanzämter und Steuerberater. Es zeuge von der „unerträglichen Arroganz der Schröder-Regierung“, daß Hessens Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) der Gesetzesvorlage zustimmen wolle, obwohl er abgewählt worden sei. Eichel sagte, er wolle verhindern, daß ein Steuerchaos entstehe.

Die Bundesregierung teilte mit, das Steuerentlastungsgesetz werde den Druck finanzieller Abgaben erleichtern. Umgerechnet 15 Milliarden Mark müßten die Bürger jährlich weniger an den Staat abgeben. Um dies zu finanzieren, beabsichtigt Lafontaine, eine ganze Reihe von Steuervergünstigungen zu streichen. Durch diesen Abbau von Subventionen wollte der Finanzminister ursprünglich 42 Milliarden Mark erwirtschaften. Nun ist noch von rund 30 Milliarden die Rede, die der Staat zusätzlich einnehme, weil Steuerschlupflöcher wie Wohnungsabschreibungen oder Rückstellungen geschlossen werden.

Der Mittelstand soll von dem Steuerentlastungsgesetz profitieren, indem er von den Subventionsstreichungen weitgehend ausgenommen wird. Lafontaine betonte, für die mittelständische Wirtschaft sei nachgebessert worden. Als eine der wichtigsten Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition gilt dabei, daß die Teilwertabschreibung weiterhin möglich ist. Die für den Handel wichtig Lagerware kann so weiterhin steuerlich abgeschrieben werden. Die Neuregelung ist nach den Worten Lafontaines „mittelstandsfreundlich gestaltet“.

Zum gesamten Steuerpaket der rot-grünen Bundesregierung, das noch durch Bundestag und -rat muß, zählen weitere Vorhaben: Die Ökosteuer (siehe Bericht unten), ein eigenständiges Gesetz zur Entlastung von Familien sowie eine Vereinfachung des Steuerrechts an sich. Die Vorsitzende des Bundestagsfinanzausschusses, Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen), hat die Entrümpelung des Steuerwesens für kommendes Jahr angekündigt. cif