Hochhaus Lindenstraße

■ Tatort St.Georg: Senat kämpft für Investoreninteressen/& die Bürgerschaft?

Wenn sich am heutigen Dienstag der Stadtentwicklungsausschuß der Bürgerschaft um 17 Uhr, Alte Post, Poststraße 11, Raum 122 in öffentlicher Sitzung über den Bebauungsplan St. Georg 34 hermacht, geht es mal wieder um ein saftiges Stück aus dem prallen Immobilienleben:

Der Senat will gegen den Rat von Experten und einen Mehrheitsbeschluß des Bezirks Mitte Investoreninteressen gegen das Stadtteilinteresse durchsetzen. Am 1. November hat die Bürgerschaft das letzte Wort. Es geht um das Projekt eines dreizehngeschossigen Hochhausklotzes an der Lindenstraße, den Investor Joachim Kerch, der sich einst vom Ex-Wirtschaftssenator Volker Lange (SPD) beraten ließ, errichten will.

Dieses seit 1988 geplante Projekt, von Voscherau persönlich in einem Schreiben im Jahr 1989 wärmstens begrüßt, stieß jedoch während des Bebauungsplanverfahrens auf heftige Kritik: Der renommierte Stadtplaner Andres Pfadt empfahl in einem Gutachten, allenfalls acht Geschosse zuzulassen und riet, das Grundstück in das Sanierungsgebiet St. Georg einzugliedern, weil nur so ein für den Stadtteil dringend benötigtes besseres Nutzungskonzept hätte durchgesetzt werden können.

Auch die Bürger zürnten: 800 Unterschriften gegen das Hochhaus stimmten schließlich sogar die stramm rechte SPD des Bezirks Mitte nachdenklich – sie lehnte das Projekt zusammen mit der GAL ab. Da drohte Kerch mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 7,1 Millionen Mark. Es scheint, als hätten die städtischen Unterhändler, allen voran Kossak, mal wieder vertrauliche Zusagen gemacht, die zumindest Kerch für bare Münze genommen hatte.

Zwar ergaben Nachprüfungen des Bezirksamts, daß man den Drohungen Kerchs zumindest auf Basis der eigenen Akten getrost widerstehen könne – der Senat wußte es anscheinend besser: Im Juli 1995 beschloß er einen investorenfreundlichen Bebauungsplan. Mit ernsthaftem Widerstand von SPD-Genossen in Ausschuß und Bürgerschaft, so erfuhr die taz, ist natürlich nicht zu rechnen.

Florian Marten