Indizienbeweis, daß AKW-Strahlen Krebs machen

■ Lüneburger Mediziner fordern von Kieler Regierung, Krümmel abzuschalten

Die Leukämie-Erkrankung eines Zehnjährigen aus der Elbmarsch wäre vermeidbar gewesen: Politiker hätten nur rechtzeitig handeln und das Atomkraftwerk Krümmel stillegen müssen. Zu diesem Schluß kommen der Lüneburger Mediziner Hajo Dieckmann und sein Kollege Hans-Ulrich Clever aus dem Elbedorf Marschacht nach Auswertung der Ergebnisse verschiedener Studien zu den Ursachen kindlicher Leukämien. Ihr Antrag beim Kieler Energieministerium, das AKW einstweilig stillzulegen und die Betriebsgenehmigung zu widerrufen, wird in der kommenden Woche beschieden, bestätigte gestern Sprecher Swen Wacker. Sollte er abgelehnt werden, wollen die Ärzte beim Oberverwaltungsgericht Schleswig klagen.

Die Ärzte sehen „hinreichende Anhaltspunkte“ für einen Zusammenhang zwischen den gehäuften Krebsfällen in der Elbmarsch und dem Betrieb des Siedewasserreaktors: Ihre Annahmen stützen sie auf die Strahlenhypothese – und halten sie für die einzig plausible –, zudem auf die Meßdaten von Radioaktivität in der Umgebung, auf die extreme, zeitlich und räumlich enge Leukämiehäufung um den Reaktor sowie die „Retrospektive Inzidenzstudie Elbmarsch“ der Strahlenexperten Hoffmann/Greiser. „Der Indizienbeweis ist jetzt erbracht“, ist sich Dieckmann sicher.

Die „Kausalität“ zwischen Leukämiefällen in der AKW-Umgebung und freigesetzter Radioaktivität muß nachgewiesen werden, um dem Kieler Energieministerium juristisch die Möglichkeit zu geben, Krümmel abzuschalten. Das war bei den vier bisher gestellten Anträgen nicht der Fall. „Zur Qualität des neuen Antrags äußern wir uns selbstverständlich nicht“, erklärte Wacker. Wenn der politische Wille da wäre, so Wacker, hätte man längst das Bundes-Atomgesetz ändern und Krümmel letzthin abschalten können.

Das werden Bürger- und Anti-Atom-Initiativen bei der heutigen Besetzung des AKW Krümmel (siehe Kasten) erneut fordern: Ab zehn Uhr sollen die Zufahrten zum Atommeiler blockiert und die derzeit laufenden Revisionsarbeiten gestört werden. Das AKW ist hierzu seit dem 1. September vorübergehend abgeschaltet. Nicht nur für die Abschaltung des AKW Krümmel, die strahlende Ursache der Krebserkrankungen in der Elbmarsch, werden die AtomkraftgegnerInnen protestieren. Geächtet wird auch der Müll-Tourismus der strahlenden Krümmel-Fracht zur „Wiederaufbereitung“ nach Frankreich und die damit verbundene hohe Unfallgefahr, zudem der Einsatz von Leiharbeitern während der Überwachungsarbeiten usw.

Heike Haarhoff