Reise nach Jerusalem

■ Neue StaatsrätInnen im Senatsgehege

Alle hechten nach den freien Plätzen, einige Stühle werden abgeräumt, andere vorläufig nicht besetzt: Stadtchef Henning Voscherau gab am Mittwochabend vor der SPD-Bürgerschaftsfraktion eine brisante Variante des Gesell-schaftsspiels „Reise nach Jerusalem“. Damit leitete er ein StaatsrätInnen-Revirement ein, das der Senat am kommenden Dienstag in Demut abnicken darf.

Ex-Polizeichef Dirk Reimers, als Staatsrat der Innenbehörde über den Polizeiskandal gestürzt, darf nach einer Zwischenstation in der Finanzbehörde nun bei Umweltsenator Fritz Vahrenholt Platz nehmen. Die langjährige Eimsbüttler Bezirksamtsleiterin Ingrid Nümann-Seidewinkel erbt den einflußreichen Staatsrätinnenposten in der Finanzbehörde von der zur Finanzministerin Brandenburgs aufgestiegenen Wilma Simon. Die Sozialbehörde muß in Zukunft mit einem Staatsrat – Peter Lippert – auskommen.

Mit der 44jährigen Sozialwissenschaftlerin Gitta Trauernicht wird die winzige Frauenriege im Senatsgehege leicht vergrößert. Sie wurde von der Amtsleiterin Jugend auf den StaatsrätInnenposten der Schulbehörde gehievt und beamt dadurch Sesselvorbesitzer Hermann Lange in die Wissenschaftsbehörde. Den Konflikt mit Justizsenator Hoffmann-Riem – er möchte den aufmüpfiffigen Altonaer Bezirksamtsleiter Hans-Peter Strenge als Justizstaatssekretär – schob Voscherau auf die Wartebank.

Die StaatsrätInnen-Jobs – für die Behördenarbeit meist wichtiger als die Senatoren – vergab Voscherau, in bewährter Manier, weniger nach Qualifikation als nach Machtkalkül und Versorgungsbalance. Beispiel Umweltbehörde: Der bieder-betuliche Reimers, jeder Ökologie-Nähe unverdächtig, wird in der Umweltbehörde entsorgt.

Ingrid Nümann-Seidewinkel dagegen, Pragmatikerin aus dem SPD-Linksbezirk Eimsbüttel, versteht zwar von den Feinheiten der Haushaltspolitik nicht viel, soll aber Sparpolitik vermarkten, Eimsbüttel beruhigen, und läuft sich unter Voscherau-Kronprinz Ortwin Runde schon mal für weitere Aufgaben warm. Florian Marten