Tour de Force um Listenplätze der AfB

■ Mitglieder rügen „diktatorische Methoden“ / Spitzenkandidat Lojewski, Frensel Platz vier

Mit der Wahlkampfformel „10 + X“ will der neue Landesvorsitzende Hartmut Frensel bei der Bürgerschaftswahl mindestens zehn Plätze für die AfB herausholen. Die ersten zehn Nominierungen sind also die aussichtsreichsten. Die Kleiderordnung am Donnerstag abend auf der Landesmitgliederversammlung spricht Bände: Wer nach vorne will, trägt entweder Anzug (dunkel) oder Kostümchen. In der Regel sind das auch die Kandidaten, die schon auf der Vorschlagsliste stehen. Und wie die Kandidatenliste auszusehen soll, davon hat Spitzenkandidat Andreas Lojewski feste Vorstellungen. „Trotz aller Probleme und persönlicher Härten“, wie er sagt. Er stehe voll hinter der Plazierung, die in allen Gremien immerhin einstimmig entschieden wurde. Diesen Satz wird der Spitzenkandidat noch häufig wiederholen. Immer wenn es Gegenkandidaten gibt, eilt er nach vorne ans Rednerpult, um die Mitglieder noch einmal auf die Vorstellung der Partei einzuschwören.

Nachdem die ersten fünf Kandidaten Andreas Lojewski, Ludwig Hettling, Brigitte Ginda, Hartmut Frensel und Horst Ochs gewählt wurden, kommt es zur ersten Zerreißprobe. Neuzugang Uwe Siefert soll auf Platz sechs der Kandidatenliste für die Bürgerschaft stehen. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU war erst vor wenigen Wochen zur AfB gewechselt, weil die CDU ihn auf ihrer Liste mit Platz 35 „abqualifiziert“ habe, so Lojewski. Doch schon als Frensel Siefert als „unseren neuen AfB-Freund“ begrüßt, werden in den hinteren Reihen Buh-Rufe laut.

Es paßt den Altgedienten nicht, daß ein Parteineuling so einen guten Listenplatz bekommen soll. „Siefert schädigt unser Ansehen und beschädigt unseren möglichen Koalitionspartner die CDU“, empört sich Ingeborg Fuchs und schlägt als Gegenkandidat Gunnar Randts (Platz 26) vor. Rolf Reimers und Andreas Lojewski beeilen sich zu versichern, daß Siefert der AfB näher stünde als der CDU. Mit 33 zu 24 Stimmen siegt schließlich Siefert.

Doch bei der Abstimmung für Listenplatz acht ist es mit der Einmütigkeit endgültig vorbei. Gegen den Newcomer Hans Schulz, der als rüstiger Rentner viel Zeit und Erfahrung als ehemaliger Polizeigewerkschafter mitbringt, schlagen mehrere Versammlungsteilnehmer Hans Günter Meyer vor. Meyer wurde kurz vorher als stellvertretender Stadtverbandsvorsitzender gewählt. Der Kripobeamte wettert heftig gegen Multikulti-Kriminalität und Drogenpolitik. Zweimal muß Meyer sich bitten lassen, „gegen die Liste zu kandidieren, die ich selbst mit erarbeitet habe“. „Freund Andreas Lojewski“ habe ihn gebeten, nicht anzutreten. „Parteiräson“, munkeln einige AfB-Mitglieder. Meyer gibt das zu und bekommt die Quittung. Schulz gewinnt klar mit 37 zu 23 Stimmen.

Die Bürgerschaftsabgeordnete Karla Hense-Brosig (Platz elf) kandidiert hintereinander von Platz neun bis zwölf - durchweg erfolglos. Immerhin steigert sie sich von vernichtenden 4 auf 19 Stimmen, verliert aber gegen Neuzugang Peter Früchtnicht. Jetzt reicht es Andreas Lojewski. Er zischt in Richtung Vorstand, daß dieser auch mal ein gutes Wort für die Liste einlegen soll - und Rolf Reimers eilt folgsam ans Mikro. Lojewskis Einsatz lohnt sich: Alle zehn Wunschkandidaten werden gewählt. Ab Platz elf dürfen sich die Mitglieder um die übrigen Plätze streiten. „Wenn ich sehe, wie die Liste aussieht, muß mal jemand aus der Mitgliedschaft gewählt werden. Alles was aus der Versammlung kam, wurde abgewürgt“, macht Egon Rostalski seinem Unmut Luft und wird dann prompt auf Platz 13 gewählt.

Jetzt hat auch Günter Meyer genug. Der vor Stunden noch frisch gekürte stellvertretende Stadtvorsitzende tritt zurück: Die Kandidatenliste sei „diktatorisch“ durchgesetzt worden. Lowjeski habe ihn vor dem Sitzungssaal „massiv bedrängt“, die Kandidatur für Platz acht zurückzuziehen, sagt er anschließend gegenüber taz. Es gebe Kandidaten, die nie Beiratsarbeit gemacht hätten, Leute wie Schulz und Siefert. Doch ausgerechnet die würden jetzt auf den vorderen Listenplätzen stehen.

Dorothee Krumpipe