Unterm Strich

Wenn es einmal nichts Neues über das Holocaust- Mahnmal zu berichten gibt und die Intellektuellen ebenso schweigen wie der Staatsminister, darf man am Sonntag endlich mal guten Gewissens in „Bravo extra“ reinschauen. Dort wird Cher – Klammer auf: Zweiundfünfzig Klammer zu – verraten, daß sie zur Produktion ihres aktuellen Nr.1-Albums förmlich gezwungen werden mußte. Die arme Frau! „Ich wollte das Album gar nicht machen. Es aufzunehmen war die Idee von Rob Dickens, dem Chef meiner Plattenfirma. Er sagte: ,Ich habe ein paar tolle Songs für dich.‘ Und es gab tatsächlich zwei Songs, in die ich mich sofort verliebte.“ Glückliche Cher! In Sachen Liebe verrät sie ansonsten nur soviel: „Ein Mann muß Humor haben und süß sein!“ Eigentlich ganz einfach. Und all die Humorlosen, Unsüßen? Die bleiben als Dauerrepräsentanten ihrer Schanden beschämt zurück.

Täglich Neues dagegen von Erich Kästner, vor seinem 100. Geburtstag dauergefeiert in allen Medien. Die Tatorte seines berühmtesten Buches „Emil und die Detektive“ lassen sich jetzt auch im Internet aufsuchen. Unter http://www.zlb.de/projekte/kaestner sind ab 16.2. Bilder der Berliner Originalschauplätze von damals und heute zu besichtigen.

In Peking gestorben: der chinesische Autor, Journalist und Übersetzer Xiao Qian. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua schrieb am Freitag, er sei am Vortag im Alter von 89 Jahren einer Krankheit erlegen. Xiao Qian war der einzige chinesische Reporter in Europa während des Zweiten Weltkrieges.

Der am 27. Januar 1910 in Peking in eine arme mongolische Familie geborene Xiao Qian schrieb 1933 seinen ersten Roman. 1938 ging er an die Universität von London, schrieb für die traditionsreiche chinesische Zeitung Ta Kong Pao und ging 1942 an das King's College in Cambridge. Er berichtete über die Potsdamer Konferenz, die Nürnberger Prozesse und die Gründung der Vereinten Nationen.

1945 kehrte er nach China zurück, wurde 1946 Professor an der Fudan-Universität in Shanghai. Xiao Qian übersetzte große Werke westlicher Autoren ins Chinesische, darunter Shakespeares Dramen, die Autobiographie von Napoleon, „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen und zuletzt „Ulysses“ von James Joyce. In der Anti-Rechts-Bewegung 1957 wurde er verfolgt und erst 1979 rehabilitiert. Erst 1978 durfte er wieder unter seinem Namen veröffentlichen. Er war Vorsitzender der chinesischen Schriftstellervereinigung und zuletzt Präsident eines Forschungsinstituts beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei für Kultur und Geschichte.

Eine zehnbändige und 3,2 Millionen Zeichen umfassende Sammlung seiner Werke wurde jüngst veröffentlicht. Außer Romanen hat Xiao Qian auch Prosa, Kurzgeschichten, Aufsätze, Literaturkritiken und Briefe geschrieben.