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Genkartoffel hat doch Macken

Gesundheitsschäden durch Gentechnik: Wegen angeblicher Fehler entlassener Wissenschaftler von Kollegen rehabiliert. „Die Ergebnisse geben zu großer Sorge Anlaß“  ■ Von Wolfgang Löhr

Berlin (taz) – Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern forderte gestern in einem Memorandum die sofortige Rehabilitierung des schottischen Biologen Arpad Pusztai. Der renommierte Forscher vom Rowett-Research- Institut in Aberdeen war im August vergangenen Jahres von der Institutsleitung von all seinen Aufgaben suspendiert worden, nachdem er im Fernsehen berichtet hatte, daß bei Ratten, die mit genmanipulierten Kartoffeln gefüttert wurden, Wachstumsstörungen und eine Schädigung des Immunsystems auftraten.

Aufgrund dieser Ausführungen wurde damals weltweit die Sicherheit von Gentech-Food in Frage gestellt. Doch schon zwei Tage später ließ das Rowett-Research- Institut bekanntgeben, daß an Pusztais Warnung nichts dran sei. Der Forscher habe Versuchsreihen verwechselt und sich auf Experimente bezogen, die nie durchgeführt wurden, hieß es. Pusztais Forschungsprojekt wurde abgebrochen, selbst seine Mitarbeiter durften die Fütterungsversuche nicht weiterführen. Dem als „Betrüger“ gebrandmarkten Forscher wurde nahegelegt, seine Pensionierung einzureichen.

„Der Versuchsaufbau war korrekt, die Ergebnisse geben zu großer Sorge Anlaß“, weist Beatrix Tappeser vom Freiburger Öko-Institut jetzt die Anschuldigungen gegen Pusztai zurück. „Die Begründung für die Entlassung ist mehr als dürftig.“ Die Biologin gehört zu der Gruppe von 23 Wissenschaftlern aus 13 Ländern, die die Experimente überprüft haben. Die Experten kamen einhellig zu dem Schluß: Aufgrund der vorliegenden Daten bestehe der „begründete Verdacht, daß der Verzehr von transgenen Pflanzen auch bei Säugetieren erhebliche gesundheitliche Folgen haben kann“.

Die Expertengruppe, in der unter anderem Molekularbiologen, Human- und Veterinärmediziner sowie Ernährungswissenschaftler vertreten sind, ließen sich alle Daten einschließlich der bisher unveröffentlichten aus dem Rowett-Institut vorlegen und unterzogen sie einer eingehenden Prüfung. Obwohl einige der Ergebnisse noch als vorläufig zu bezeichnen seien, rechtfertigen sie Pusztais Warnung, heißt es in dem vorgelegten Memorandum. Neben der Rehabilitierung Pusztais wird von den Experten unter anderem gefordert, daß das Forschungsprojekt unverzüglich weitergeführt wird.

Als Pusztai seine Ergebnisse im Fernsehen vorstellte, war seine Arbeitsgruppe an dem unabhängigen Forschungsinstitut damit beschäftigt, Erbinformationen zu finden, die in der Pflanzenzucht zum Schutz vor Insektenfraß eingesetzt werden können. Die umstrittenen Fütterungsexperimente wurden mit manipulierten Kartoffeln durchgeführt, die ein Gen des Schneeglöckchens enthielten. Dieses Gen ist verantwortlich für die Produktion der sogenannten Lektine – eine Gruppe von Proteinen, die in vielen Pflanzen produziert werden. Die bei Pusztai eingesetzen Lektine des Schneeglöckchens sollten Kartoffelpflanzen vor Blattläusen und Fadenwürmern schützen. Dies konnte Pusztais Arbeitsgruppe auch nachweisen. In all seinen vier Experimenten mit Ratten konnte aber auch gezeigt werden, daß das Lektin eine Veränderung bei der Gewichtszunahme lebenswichtiger Organe verursacht. Schon nach zehn Tagen zeigten sich Veränderungen der Leber. Häufig waren auch Organe des Immunsystems – Milz und Thymusdrüse – betroffen. Daß Lektine das Immunsystem verändern können, war schon vorher bekannt. Pusztais Ergebnisse dürften daher die Experten auch nicht überrascht haben. Neu war aber, daß diese Stoffgruppe mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Zusammenhang gebracht wurde. Die gegenüber der Gentechnik positiv eingestellte Scientific Community dürfte sich vor allem dadurch aufgeschreckt gefühlt haben, daß der schottische Wissenschaftler in der Fernsehsendung auch klar Stellung bezogen hatte: „Ich würde keine genmanipulierten Kartoffeln essen“, und es sei auch nicht akzeptabel, „die Konsumenten als Versuchskaninchen zu benutzen“, sagte er.

Vertreter der Biotech-Industrie hatten damals die Suspendierung Puztais begrüßt: „Wir sind erfreut, daß diese Art von Falschinformationen im Namen der Wissenschaft unterbunden wird“, so ein Vertreter des Monsanto-Konzerns.

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