FDP träumt von einer neuen Machtbeteiligung

■ Die Liberalen bieten sich der SPD als neuer Partner an. Brüderle: SPD von Grünen befreien

Bonn (taz) – Die FDP will wieder mitregieren. Nach dem rot- grünen Wahldebakel in Hessen sieht sich ihr Chef Wolfgang Gerhardt nicht mehr auf der „Reservebank“. Seine Partei spiele jetzt wieder mit und treibe „den Ball in die gegnerischen Hälfte“. Der Grund für die Euphorie ist die Schlüsselrolle der FDP im Bundesrat.

Mindestens bis zur Juni-Wahl in Bremen darf die FDP als Juniorpartner der SPD in Rheinland- Pfalz Zünglein an der Waage spielen. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle wies darauf hin, daß seine Partei auch in Baden-Württemberg an der Seite der CDU mitregiere und ab April auch Roland Kochs Christdemokraten in Hessen auf die Regierungsbank helfe.

Nicht nur dem Staatsbürgerschaftsrecht will die FDP mit dem Optionsmodell jetzt ihren Stempel aufdrücken. Gerhardt ist sich sicher, am Ende stehe ein Gesetz, daß „im großen und ganzen den Vorstellungen der FDP entspricht“. Inzwischen hat der SPD- Vorsitzende Oskar Lafontaine angekündigt, angesichts der neuen Mehrheiten im Bundesrat mit der FDP Gespräche über das Staatsbürgerschaftsrecht führen zu wollen.

Zusammenarbeit wünscht sich die FDP aber auch in anderen „Sachfragen“: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß die Sozialdemokraten bald einen Kurswechsel in der Steuer- und Energiepolitik einläuten“, sagte Westerwelle dem Berliner Tagesspiegel. „Vernünftige Mehrheiten werden an uns nicht scheitern.“ Im Bundesrat werde die FDP „nicht blockieren um des Blockierens willen“.

Lafontaine aber will nicht mit der FDP in ein Boot steigen. Er sehe gegenwärtig keine Alternative zu den Grünen: „Die FDP will, daß die Armen ärmer und die Reichen reicher werden. Das will die große Mehrheit in Deutschland nicht.“ Fehler der alten Regierung könnten nicht mit denen aufgearbeitet werden, die sie mit zu verantworten hätten. Außerdem werde in der Koalition „partnerschaftlich und fair“ gearbeitet, kanzelte er die Anbiederungsversuche der FDP ab.

Das sieht die FDP anders. Der rheinland-pfälzische FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle sagte, seine Partei habe nach der Hessen-Wahl die Aufgabe, die SPD „aus der babylonischen Gefangenschaft der Grünen zu befreien“. Die Grünen warnten unterdessen die SPD vor einem Schmusekurs mit der FDP. „Koalitionen sind kein Spielball“, sagte Vorstandssprecherin Gunda Röstel. Von der SPD verlangte sie, in der Koalition Geschlossenheit zu zeigen.

An einen schnellen Machtwechsel glaubt FDP-Generalsekretär Westerwelle ohnehin nicht. Er richte sich auf eine ganze Wahlperiode in der Opposition ein. „Denn die Grünen werden ihre Seele weiter verkaufen.“ Thorsten Denkler