Deftige Lohnkürzung für Referendare

■ Lehrernachwuchs sauer: Ab Februar gibt's deutlich weniger Geld / Einbußen bis zu 650 Mark / Familien besonders geschröpft

Bremer ReferendarInnen sind öffentliches Sparpotential. Die jüngste Generation des Lehrernachwuchses, seit ersten Februar an den Schulen, bekommt deutlich weniger Geld – für die gleiche Leistung wie frühere Referendare. Schuld ist das Bonner Verwal-tungsreformgesetz, das im vergangenen Herbst mit der Zustimmung Bremens verabschiedet wurde. Danach werden die Grundgehälter für ReferendarInnen künftig um fünf Brutto-Prozent gekürzt, und die Alterszuschläge entfallen. Außerdem wurde der Verheiratetenzuschlag in einen um 330 Mark niedrigeren Familienzuschlag umbenannt. Für einzelne machen die Einbußen teilweise über ein Viertel der Bezüge aus, die sie noch im letzten Halbjahr erhalten hätten.

Offiziell wurde die Rechtsreform auch damit begründet, daß die Einsparungen zusätzliche Ausbildungsstellen im öffentlichen Dienst ermöglichen sollten. „Allerdings keine Stellen im Schuldienst. Dafür haben wir die Ausbildungskapazitäten überhaupt nicht“, stellte der Sprecher der Bremer Bildungsbehörde, Rainer Gausepohl, jetzt gegenüber der taz klar. Er gehe davon aus, daß diese Stellen im Bereich der Juristenausbildung geschaffen würden. „Dort gibt es sehr lange Wartezeiten.“

Bis zu zwei Jahre warten RechtsreferendarInnen derzeit auf eine der 75 Stellen, die es in Bremen jährlich gibt, bestätigt Justizsprecherin Lisa Lutzebäck. Allerdings: „Eine Ausweitung ist in diesem Bereich nicht mal im Gespräch.“

„Die Referendare werden ausgeplündert und haben nichts davon“, schimpft Fritz Starke. Er ist Referent für Lehrerausbildung am Landesinstitut für Schule (LIS). Dort hat man gegen die Kürzungen der Referendarsbezüge protestiert. „Auf 350 Stellen für Lehrerreferendare im Land Bremen kommen im Jahr rund 2.000 Bewerbungen“, so Starke. Teilweise gebe es jahrelange Wartezeiten – je nach Fächerkombination. In einem Schreiben der Fachleiter des Landesinstituts an den Petitionsausschuß des Bundestags heißt es, „die exorbitante Senkung widerspricht in ihrer qualitativen Auswirkung u.a. dem enstprechenden Grundgesetz-Artikel, den besonderen staatlichen Schutz der Familie betreffend“. Auch fürchten die FachleiterInnen, „die Ausbildung würde erheblich leiden, wenn die Bezüge wie beschlossen minimiert werden.“

Je nach Familien- und Ausbildungsstand liegen die Ausfälle zwischen 95 und saftigen 658 Mark. Das jedenfalls rechnete Ausbildungspersonalrätin Nikola Diehrberg rund 120 Bremer ReferendarInnen vergangene Woche vor, als diese sich erstmals seit Referendariatsbeginn trafen. Die Stimmung war entsprechend. „Kann man dagegen nicht gerichtlich vorgehen?“ fragten erste ZwischenruferInnen aufgebracht. Andere reagierten zynisch: „Prima. Es wird ja sonst auch alles billiger.“ Dritte wie Susanne Recker dagegen, warten jetzt angespannt auf die erste Gehaltsabrechnung. „Ich bin alleinerziehende Mutter von zwei Kindern“, sagt die 44jährige. „Ob ich mit dem Geld über die Runden komme, kann ich noch nicht sagen.“

Für die geschiedene Frau entfällt nach der Gesetzesreform nämlich nicht nur der „Alterszuschlag“ von 95 Mark pro Monat, den ReferendarInnen über 26 Jahre bislang erhielten. Zudem wird das Bruttogehalt, das bisher bei rund 2.000 Mark lag, um fünf Prozent gekappt. Außerdem fällt der Verheiratetenzuschlag dem Rotstift zum Opfer. Er heißt jetzt Familienzuschlag, gilt auch für Alleinerziehende, liegt aber mit 181 Mark um 315 Mark niedriger als der bisherige Verheiratetenbonus. „Das bringt mich wohl an den Rand der Sozialhilfe“, sagt Susanne Recker. Sie hat bereits von einem Referendar gehört, „ein Vater von drei Kindern, der jetzt wahrscheinlich ergänzende Sozialhilfe beziehen muß“. Recker knirscht mit den Zähnen: „Dann hat man zum wenigen Geld auch noch viel Gerenne zum Wohngeld- und Sozialamt.“

Erste „Solidaritätsmaßnahmen“ im LIS – ReferendarInnen zahlen für den Kaffee in der Cafeteria künftig weniger – können kaum jemanden trösten. Die Mehrzahl der Bremer ReferendarInnen ist über 26 Jahre alt. Pro Kopf-Verluste von 150 Mark dürften die Regel sein.

ede