Am Ende wird selbst der Unhold zum braven Lamm

■ Beim 84:66 über Trier zeigt Basketballmeister Alba Berlin, daß nun nur noch die Liga zählt

Berlin (taz) – Als der Berliner Marko Pesic gestern in der 6. Minute des Bundesligaspieles gegen den TVG Trier uneinholbar dem Korb zustrebte, sah es einen Moment so aus, als würde ihn Bernard Thompson doch noch mit einem Foul bremsen wollen. Dann besann sich der 36jährige jedoch anders, ließ Pesic ziehen und seine zwei Punkte erzielen.

Im letztjährigen Play-off-Halbfinale war das noch anders gewesen. Da hatte Thompson Pesic in einer ähnlichen Situation mit einem üblen Schlag ins Gesicht gestoppt. Das Publikum hatte nicht vergessen: Bei jeder Ballberührung wurde Thompson ausgepfiffen, das verpflichtet, und so machte der ehemalige NBA-Spieler kurz vor der Halbzeit seinem Ruf als Unhold der Liga doch noch Ehre und hieb Albas Kiwane Garris beim gemeinsamen Griff nach einem Rebound ins Gesicht. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Berliner schon klar in Führung, am Ende hieß es 84:66, der Verfolger war in die Schranken gewiesen, der für einen Tag an Baskets Bonn abgegebene erste Tabellenplatz zurückerobert.

In besagtem Play-off-Halbfinale hatten die Trierer 0:3 verloren. Inzwischen haben sie sich durch den 36jährigen Routinier Keith Gray verstärkt. Nun zählen sie sich mit Fug und Recht zum kleinen Kreis jener Klubs, die Alba Berlin die Meisterschaft streitig machen könnten. Das Hinspiel gegen die Berliner war 80:78 gewonnen worden. Außerdem hatte Alba erst drei Tage vorher eine kräftezehrende Europaligapartie gegen Real Madrid absolviert – und gewonnen. Nach solchen internationalen Auftritten fällt es dem Meister nicht immer leicht, sich für schnöde Bundesligaauftritte zu motivieren. Aber die Zeiten haben sich geändert. Das Europaliga-Achtelfinale ist endgültig verpaßt, der DBB-Pokal gewonnen, bleibt als letzte große Aufgabe für Alba die Bundesliga, und da geht es in den nächsten Wochen darum, sich als Vorrundenerster den Heimvorteil für die gesamten Play-offs zu sichern.

Von Anfang an waren die Gastgeber vor 6.452 Zuschauern konzentriert, und sie ließen sich auch nicht beirren, als Trier in der zweiten Halbzeit, angetrieben vom stämmigen Carl Brown (17 Punkte), noch einmal auf sechs Punkte herankam. Vor allem Henrik Rödl, der mit 15 Punkten, sechs Rebounds und acht Assists seine übliche komplette Partie spielte, der am Ende treffsichere Geert Hammink und Spielmacher Garris sorgten dafür, daß Triers Aufholjagd verpuffte.

Am Ende verspürte sogar Bernard Thompson keine Lust mehr, den Rüpel zu spielen, und wurde lammfromm. Dafür verzichtete das Publikum darauf, ihn weiter auszupfeifen. Für diesen Tag hatte sich der Fall schlicht erledigt. Matti Lieske