Das Radio der Beatles

Das St.-Pauli-Museum hat wieder eine Heimat: Für zwei Jahre werden die Golden Sixties am Schulterblatt präsentiert  ■ Von Heike Dierbach

Eine Flasche Kröver Nacktarsch kostet 15 Mark. Ein Gläschen Eierlikör 1,50, „zuzüglich 10 Prozent Personalaufschlag“. Nicht gerade billig, schließlich stammt die Star-Club-Getränkekarte aus den sechziger Jahren. Heute hat sie ihren Altersruhesitz an einer Wand, zwischen den Fotos derer, die sie ehemals studierten – in den neuen Räumen des St.-Pauli-Museums.

Seit gestern hat das seit zwei Jahren „heimatlose Heimatmuseum“, wie es sein Gründer und Kiez-Fotograf Günter Zint vorstellte, wieder ein Domizil in einem Hinterhof am Schulterblatt 37. Die beiden Räume bieten aber nur Platz für rund zehn Prozent der Sammlung: die Fotogalerie, die Tonträgersammlung, die Bibliothek und skurrile Einzelexponate. Schwerpunkt der Eröffnungsausstellung ist die Musik der „Golden Sixties“, dokumentiert zum Beispiel durch das Radio des Kaiserkellers, „mit dem wahrscheinlich auch die Beatles Musik gehört haben“, wie ein Schildchen informiert. Aber auch andere rare Kostbarkeiten wie die einzige Cola-Flasche, die den Brand des Salambo Anfang der 80er Jahre überlebte, erfreuen die BetrachterInnen.

„Ich bin froh, daß das Museum hier vorläufig wieder eine Station hat“, freute sich Kiez-Komponist Ernst Bader. Denn auch die Geschichte der Sammlung selbst hätte in der Ausstellung eine Ecke verdient. Im September 1991, zum 100. Geburtstag von Hans Albers, im heutigen Schmidts Tivoli eröffnet, wurde das Museum bereits gut ein Jahr später obdachlos, weil die Stadt keine Mittel mehr bewilligte. Seitdem zogen die Exponate umher, waren in Bücherhallen, Gaststätten und zuletzt auf dem Spielbudenplatz zu sehen. „Dorthin wollen wir auch zurück“, betont Zint. Die Räume in der Schanze sind nur Provisorium für zwei Jahre.

Anzumerken ist dies dem Museum aber nicht. Ganz im Multimedia-Trend der Zeit laufen in einer Ecke gleich drei Fernseher (mit Beatles-Filmen natürlich), und im kleinen Museums-Shop kann die geneigte Touristin beispielsweise eine Gitarre kaufen, die aus dem Holz der Star-Club-Bühne gefertigt ist – für jeden Beatles-Fan ein absolutes Muß, für das Museum notwendige Einnahmequelle.

Weil das Projekt die Miete ohne staatliche Zuschüsse aufbringen muß, hat Zint auch eigene Fotos zum Verkauf gestiftet. Der Maler Erwin Ross, dessen Bilder auf der Reeperbahn die Sex-Shops und -Kinos markieren, stellt vier lebensgroße Bilder von halb- und ganz nackten Frauen zur Verfügung. Der Zweck heiligt die Mittel? Über die weniger romantische Seite von St. Pauli erfahren die BesucherInnen vorläufig nichts. Dabei ist die politische Korrektheit auch den MuseumsbetreiberInnen ein Begriff. An allen Regalen redet ein Schild den BesucherInnen ins Gewissen: „Wer hier klaut, hat nix kapiert.“

Öffnungszeiten: Mo-Fr, 11-18.30 Uhr, Eintritt drei Mark