Freundliche Rock-Kaulquappen waren die Art

■ Rock'n'Roll-Power aus dem Alpenland – The Monsters spielten im Roten Salon der Volksbühne, und wer dabei nicht in Stimmung kam, war entweder taub oder ziemlich humorlos

Eigentlich kommen gute Bands eher zufällig aus der Schweiz. Und eine Show-Trash-Garagencrew wie The Monsters erwartet man nun weiß Gott überhaupt nicht aus dem Alpenland. Wenn der Frontmann und der lächelnde Bassist nicht zwischen den Stücken hin und wieder „Mercimercimerci“ skandieren und freundlich um „viellaikcht etwas mäch Monitoch“ bitten würden, dann käme man nicht auf den Gedanken, daß das beschauliche Bern solcherlei Rock'n'Roll-Power herausschleudern könnte.

The Monsters spielen seit 13 Jahren Psychobilly, Trash, aber ohne Vorbilder zu zitieren, kommt man in diesem Busineß natürlich nicht weg, darum seien die Sonics genannt, der Legendary Stardust Cowboy, die Novas, und an Neo- Trashsound die Cramps, Tav Falco, die Raymen oder die Fuzztones. Aber who cares, zumal die drei Männer auch erfreulich viele eigene Stücke geschrieben haben, die aber bis auf ein paar überraschende jazzartige kleine Einlagen (die das Publikum ganz schön verwirrten) über das bewährte Bluesschema nicht so richtig hinauskommen. Aber genau darum, weil man während der lauten, kraftstrotzenden Drei-Akkorde-60s-Beatpunk- Show so gut davor stehen und mitzappeln kann, ohne von außerordentlichen Arrangements irritiert zu werden, darum hat man Zeit, sich die Bühne mit all ihren kleinen Sperenzchen und Details genau anzugucken: Da ist erst mal der Lightning Beat-Man, Kopf der Band und auch solo schon lange unterwegs. Vergangenes Jahr zum Beispiel schnitt er sich bei einem unglaublichen Konzert im Schleusenkrug beim wilden Stagetrampeln in die Hand, und mehr als die Hälfte des Publikums dachte, das gehöre zur Show, sogar als man den blutenden Mann abtransportierte, johlten noch einige.

Als Beat-Man trägt er Wrestling-Masken (die ganze Beat-Man- Show wird umrahmt von einer Fake-Wrestling-Nummer), mit denen er aussieht wie Bain aus dem Batman-Comic – das grüne Monster, daß durch Chemikalien von einem zum Tode verurteilten Kriminellen in eine Poison Ivy ergebene Tötungsmaschine verwandelt wird.

Darum war es um so überraschender, wie der Beat-Man im Roten Salon ohne Maske daherkommt: wie eine Art freundliche Rock-Kaulquappe sieht er aus, auf dem Kopf das obligatorische Flattop-Bürzel, das aber sympathischerweise noch beim ersten Song zusammenfällt und fortan als Lockenrest an der schweißnassen Stirn klebt. Der Beat-Man singt natürlich nicht, sondern schreit und shredded dabei seine Stimmbänder, daß es eine reine Freude ist.

Alle drei Monster tragen rote Sixties-Jackets, sie stehen in einer Art Schweizer Beerdigungsinstitut: An der Wand hängen zwei kleine Särge, Kerzen brennen, und ein Grabkranz prangt hinter ihnen. Die Bühne wird eingerahmt von zwei überdimensionalen Bannern mit dem offiziellen Monsters- Logo, einem Sütterlin-M. Inmitten dieser martialischen Tod-und- Teufel-Devotionalien kloppen der Beat-Man, der glatzköpfige, ziegenbärtige Bassist und ein schneller und präziser Schlagzeuger ihren „psychotic primitive Rock'n'Roll“, davor tanzen und johlen „wild cats and chicks“, und wer da nicht in Stimmung kam, der war taub oder humorlos. Jenni Zylka