Generationswechsel in Südafrika

■ Der ANC nominiert Thabo Mbeki als Spitzenkandidaten und bereitet für Winnie Madikizela-Mandela ein politisches Comeback vor

Johannesburg (taz) – Südafrikas derzeitiger Vizepräsident Thabo Mbeki hat es geschafft. Nachdem er jahrelang zielstrebig an seiner Karriere gearbeitet hat, hat ihn der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) am Wochenende zum Spitzenkandidaten für die voraussichtlich im Mai stattfindenden zweiten demokratischen Wahlen in Südafrika nominiert. Der 56jährige steht erwartungsgemäß auf Platz eins der Kandidatenliste und wird nun mit großer Sicherheit Nachfolger von Präsident Nelson Mandela, der nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung steht. Zwar ist bislang das Interesse der Bevölkerung an den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen eher gering, an einem haushohen Wahlsieg des ANC indessen besteht kein Zweifel.

Die Nominierung Mbekis ist von langer Hand vorbereitet, denn schon seit Jahren hat Mandela ihn als Kronprinzen aufgebaut. Alle Konkurrenten wie beispielsweise den charismatischen Cyril Ramaphosa hat Mbeki gnadenlos aus dem Rennen gedrängt. Eine ganze Riege junger und talentierter ANC-Politiker verdient nun, ähnlich wie Ramaphosa, ihr Geld lieber in der freien Wirtschaft denn als Parteisoldaten in der dritten Reihe. Mbeki, seit dem Austritt der Nationalen Partei aus der Koalitionsregierung alleiniger Vizepräsident unter Mandela, führt längst die Regierungsgeschäfte und ist seit Ende 1997 auch dessen Nachfolger als ANC-Präsident.

Die Kandidatenliste verrät einiges darüber, wie das Land künftig regiert werden soll, denn die ersten zehn gelten als sichere Minister in der neuen Regierung. Dabei stößt man im wesentlichen auf derzeitige Kabinettsmitglieder, allerdings gibt es eine große Überraschung: Auf Platz 10 steht Winnie Madikizela-Mandela, die offenbar erneut ein politisches Comeback plant. Seitdem sich die frühere Ehefrau von Nelson Mandela vor mehr als einem Jahr vor der Wahrheitskommission in einer Sonderanhörung rechtfertigen mußte, ist es auffallend still um sie geworden, und auf eine Kandidatur als ANC- Vizepräsidentin verzichtete sie scheinbar großmütig.

Schon damals sprach einiges dafür, daß im Hintergrund ein Kuhhandel stattgefunden hatte: Für den Verzicht wurde ihr ein Kabinettsposten für die Zeit nach Mandela versprochen. Er selbst hatte sie schon Jahre vorher wegen ihrer teuren Starallüren entnervt aus seiner eigenen Regierung geworfen, und seither ist die 64jährige nur noch einfaches Parlamentsmitglied und Präsidentin der ANC- Frauenliga.

Bis heute ist nicht aufgeklärt, welche Rolle sie in einer Reihe von Entführungen und Morden spielte, die aus ihrer Leibgarde heraus, dem „Mandela United Football Club“, Ende der 80er Jahre in der Schwarzensiedlung Soweto begangen wurden. Zwar empfahl die Kommission in ihrem Abschlußbericht im Oktober strafrechtliche Ermittlungen gegen sie. Madikizela-Mandela selbst hat jedoch alle Vorwürfe vehement bestritten, und mangels Beweisen wird sie wohl nie angeklagt werden.

Auch Thabo Mbeki hat nur wenig Sympathie für die 64jährige Diva. Ihr politisches Gewicht ist jedoch immer noch groß, und die mächtigste Frau im ANC ist auch eine der wenigen Frauen, die überhaupt für ein Regierungsamt in Frage kommen. Nie würde der ANC die einstige Ikone des Befreiungskampfes einfach fallen lassen, bindet sie doch die wachsende Zahl von Unzufriedenen an die Partei.

Auch wenn der ANC dies stets bestreitet, vollzieht sich mit dem Rückzug Mandelas insgesamt ein Generationswechsel, der auch für andere politische Akzente steht. Auf Platz zwei der Kandidatenliste steht Mbekis Stellvertreter in der Partei, Jacob Zuma, auf Platz drei dessen Ehefrau, die höchst umstrittene Gesundheitsministerin Nkosazana Zuma. Einige altgediente Kämpfer, die keine Chancen unter Mbeki haben, haben schon vor Wochen ihren Rückzug angekündigt. Darunter sind beispielsweise der derzeitige Verteidigungsminister Joe Modise, Außenminister Alfred Nzo und Verkehrsminister Mac Maharaj. Kordula Doerfler