Zuruf statt Anruf

Hamburgs Feuerwehr rüstet sich schon jetzt für den Silvester-Trubel 1999/2000  ■ Von Christine Schultze

Noch ist es ein Sandkastenspiel: Ganz Hamburg ist auf den Beinen, Böllerschüsse krachen, überall herrscht Partystimmung – doch plötzlich bleiben in Hochhäusern die Fahrstühle stecken, spielen U-Bahnen verrückt, brechen Wasser- und Stromversorgung zusammen. Das ist eins der Krisenszenarien zum Jahreswechsel 1999/2000 , auf das sich die Feuerwehr in der Hansestadt bereits jetzt einstellt.

Ein Fest „wie Alstervergnügen und Hafengeburtstag zusammen“ erwartet Feuerwehr-Chef Dieter Farrenkopf – eigentlich kein Problem, wenn da nicht die Angst vor möglichen Folgen des sogenannten Jahr- 2000-Problems wäre, das viele technische Anlagen und Geräte in der Nacht der Nächte lahmlegen könnte. Schon in den vergangenen Monaten hat die Feuerwehr deshalb Krankenhäuser, Altenheime, Stromversorger und den öffentlichen Nahverkehr angeschrieben, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen – insgesamt 700 Briefe wurden verschickt.

So manchen Adressaten weckte die Feuerwehr dabei regelrecht aus einem Dornröschenschlaf. Etwa zehn Prozent der Einrichtungen hätten sich noch gar nicht mit dem Thema befaßt, erzählt der Feuerwehrchef; es gab beispielsweise keine Notfallpläne für den Elbtunnel. „Es ist schon erschreckend, wenn man so nebenbei mitbekommt, wie wenige Firmen ein Notstandskonzept haben“, sagt Farrenkopf. Schließlich könnten technische Geräte auch mal aus ganz anderen Gründen ausfallen. Auch dann müsse man notfalls ohne Technik klarkommen können. Die Feuerwehr etwa sei darauf vorbereitet, sich per Zuruf statt telefonisch zu verständigen.

Schon in „ganz normalen“ Silvesternächten wird die Feuerwehr durchschnittlich etwa 800 Mal gerufen, um Brände zu löschen oder Unfallopfer zu versorgen. Silvester 1999/2000 könnte es noch hektischer zugehen, fürchtet Farrenkopf. Deshalb hat er für die große Nacht schon jetzt wesentlich mehr Personal eingeplant als zu sonstigen Jahreswechseln. 120 zusätzliche Brandschützer wachen in der Silvesternacht über die Hansestadt, der Rettungsdienst soll um gut 50 Mann aufgestockt werden. Außerdem sollen rund 1000 freiwillige Feuerwehrleute in der Nacht Dienst schieben, doppelt so viele wie normalerweise. So manch eine Millenniumsparty dürfte also im Spritzenhaus gefeiert werden.

Die Vorbereitungen der Hamburger Feuerwehr dienen offenbar vielen anderen Kommunen als Vorbild: Bereits im vergangenen Jahr hielt Farrenkopf bei einer internationalen Konferenz von Feuerwehrchefs einen Vortrag über das Jahr-2000-Problem und auch der Deutsche Städtetag versorgte seine Mitglieder mit Tips aus der Hansestadt.